Die "Umlage" im Verein/Verband

Oder: Das oft leider zu unbekannte Wesen.

Patrick R. Nessler - Rechtsanwalt


Vereinsrechtlich sind Umlagen sogenannte „Sonderbeiträge“, die zur Deckung besonderer einmaliger Aufwendungen oder auch als Nachschüsse für Vereinsschulden dienen. Diese über die reguläre Beitragsschuld hinausgehende Umlagepflicht muss bei einem Verein/verband eindeutig in der Vereinssatzung geregelt sein.

Dabei genügt es nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (BGH) allerdings nicht, dass die Erhebung von Umlagen dem Grunde nach erlaubt ist. Vielmehr muss auch ihre Obergrenze der Höhe nach bestimmt (als fester Geldbetrag) oder objektiv bestimmbar sein (zum Beispiel als ein Vielfaches des Jahresmitgliedsbeitrages). Denn zum Schutz des einzelnen Mitglieds vor einer schrankenlosen Pflichtenmehrung durch die Mehrheit der Vereinsmitglieder muss sich der maximale Umfang der Pflicht aus der Satzung entnehmen lassen. Das Mitglied muss erkennen können, in welchem Umfang es über die reguläre Beitragspflicht hinaus zu außerplanmäßigen Geldzahlungen verpflichtet werden kann (BGH, Urt. v. 24.09.2007, Az. II ZR 91/06).

Der BGH hat klargestellt, dass eine Erhebung von Umlagen grundsätzlich ausscheidet, wenn die Satzung nur die Erlaubnis enthält, dass überhaupt eine Umlage erhoben werden darf und eine Regelung der Obergrenze fehlt. Das ist aber bei den meisten Satzungen der Fall, so dass in diesen Organisationen in der Regel keine vereinsrechtliche Umlage beschlossen werden kann.

Für den Mitgliedsbeitrag als solches muss keine Obergrenze in der Satzung vorhanden sein.

Der BGH führt in seiner Entscheidung aber aus, dass in Ausnahmefällen eine Umlage auch ohne Bestimmung einer Obergrenze in der Vereinssatzung wirksam beschlossen werden kann, wenn sie für den Fortbestand des Vereins unabweisbar notwendig und dem einzelnen Mitglied unter Berücksichtigung seiner eigenen schutzwürdigen Belange zumutbar ist. Die Vereinsmitglieder seien verpflichtet, so der BGH, den Vereinszweck und die gemein-samen Interessen zu fördern und dazu mit den übrigen Mitgliedern zusammenzuarbeiten. Diese vereinsrechtliche Treuepflicht erlaube in Ausnahmefällen auch die Belastung mit in der Satzung nicht vorgesehenen Pflichten.

An eine solche aus der Treuepflicht abgeleitete Verpflichtung, eine Sonderumlage zu zahlen, sind aber wegen des damit verbundenen Eingriffs in das Mitgliedschaftsrecht hohe Anforderungen zu stellen. Nur wenn sich angesichts der Alternativen, den Verein aufzulösen oder ihn unter einem einmaligen Vermögensopfer fortzuführen, die Mehrheit der Vereinsmitglieder für den Fortbestand des Vereins entscheidet, kann auch dem einzelnen Vereinsmitglied wegen der mit dem Beitritt eingegangenen Verpflichtung, den Vereinszweck zu fördern, ausnahmsweise eine in der Satzung nicht vorgesehene Umlagelast zugemutet werden, sofern er sich nicht mit Rücksicht auf den gefassten Beschluss zum Austritt aus dem Verein entschließt.

Dem Vereinsmitglied, dem eine in der Satzung nicht vorgesehene Umlagelast aufgebürdet wird, steht dann aber (auch entgegen anders lautender Satzungsregelungen) ein außerordentliches Recht zum Austritt zu, mit der Folge, dass die Pflicht zur Zahlung der Umlage entfällt. Der Austritt muss jedoch in einem angemessenen zeitlichen Zusammenhang mit dem Wirksamwerden des Beschlusses zur Erhebung einer Sonderumlage erklärt werden, um die Zahlungspflicht entfallen zu lassen.

Von dieser vereinsrechtlichen Umlage zu unterscheiden sind Zahlungspflichten des Mitglieds, die es wegen der konkreten Inanspruchnahme von Leistungen triff (z. B. Wasserverbrauch bei Kleingärtnern). Ebenfalls keine vereinsrechtlichen Umlagen sind Entgelte für die Nutzung von Vereinsanlagen oder andere Anlagen durch den Verein/Verband. Beides sind aus rechtlicher Sicht Entgelte, die das Mitglied (im Gegensatz zu echten Beiträgen) nicht nur deshalb zu zahlen hat, weil es Mitglied des Vereins/Verbands ist, sondern weil es bestimmte Leistungen in Anspruch genommen hat oder nehmen könnte. Hier gelten andere rechtliche Grundsätze.


Veröffentlicht in:

saarsport, Zeitschrift des Landessportverbandes für das Saarland, Ausgabe April 2014, S. 61
Gartenfreund, Verbandszeitschrift für das Kleingartenwesen, Ausgabe Oktober 2015, S. 29


*) Rechtsanwalt Patrick R. Nessler ist Inhaber der RKPN.de-Rechtsanwaltskanzlei Patrick R. Nessler, St. Ingbert. Er ist tätig auf den Gebieten des Vereins-, Verbands- und Stiftungsrechts, des Gemeinnützigkeitsrechts sowie des Kleingartenrechts. Außerdem unterrichtet er als Rechtsdozent an verschiedenen Bildungseinrichtungen, insbesondere der Deutschen Hochschule für Prävention und Gesundheitsmanagement, und für eine ganze Reihe von Organisationen.

Rechtsanwalt Nessler ist Justiziar des Landessportverbandes für das Saarland und ehrenamtlich tätig in verschiedenen Gremien des Deutschen Betriebssportverbandes. Seit 2004 ist er bereits dessen Generalsekretär. Darüber hinaus ist er der Fach-Experte für Rechtsfragen bei der Landesarbeitsgemeinschaft Pro Ehrenamt, Mitglied der Arbeitsgruppe Recht des Bundesverbandes Deutscher Gartenfreunde und Verbandsanwalt des Landesverbandes Saarland der Kleingärtner, Mitglied der Kommission „Finanzen“ des Bundesverbandes Deutsche Tafel e.V., Mitglied des Ausschusses „Recht und Satzung“ des Landessportverbandes Berlin e.V. u.a.

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