Die Satzung legt die Form der Einladung fest

Patrick R. Nessler - Rechtsanwalt


Es ist bereits seit Jahrzehnten in § 58 Nr. 4 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) geregelt, dass die Satzung eines Vereins oder Verbands die Form bestimmen muss, in der zur Mitgliederversammlung einzuladen ist. Trotzdem kommt es immer wieder vor, dass man in einem Verein oder Verband bei der Einladung die in der Satzung bestimmte Form nicht einhält. Dann stellt sich die Frage: Sind die in der Mitgliederversammlung gefassten Beschlüsse wirksam?

Das Oberlandesgericht (OLG) Hamm hatte über einen Fall zu entscheiden (Urt. v. 18.12.2013, Az. 8 U 20/13), bei dem nach der Satzung eines Vereins durch Veröffentlichung in der Vereinszeitschrift einzuladen war. Zur Mitgliederversammlung eingeladen hatte man jedoch per Brief. Grund dafür war, dass wegen einer umfangreichen Tagesordnung -inklusive Satzungsänderungen- der Vorstand der Meinung war, dass die Einladung den Umfang der Vereinszeitung sprengen würde.

In der Mitgliederversammlung fanden unter anderem Wahlen statt und auch die Satzungsänderungen wurden beschlossen. Ein Mitglied klagte gegen die in der Versammlung gefassten Beschlüsse … und bekam -nach meiner Auffassung richtigerweise- Recht.

Beschlüsse einer Mitgliederversammlung sind nichtig, wenn sie gegen zwingende Vorschriften des Gesetzes oder gegen die Vereinssatzung verstoßen. Die Nichtigkeit eines Beschlusses kann sich sowohl aus der Verletzung einer verfahrensrechtlichen Bestimmung als auch aus dem Inhalt des Beschlusses ergeben. Ein Satzungsverstoß lag hier offensichtlich vor.

Soweit der Verein geltend machte, dass angesichts des Umfangs des Einladungsschreibens, insbesondere im Hinblick auf die Erläuterungen zu den beabsichtigten Satzungsänderungen, die Einladung in Form eines persönlichen Einladungsschreibens geboten gewesen sei, ließ sich das OLG Hamm nicht überzeugen. Die Vorgabe, die Einladung zur Mitgliederversammlung nebst Angabe der Tagesordnung in der Vereinszeitschrift zu veröffentlichen, gelte nach der Satzung des Vereins ausnahmslos und somit unabhängig davon, welchen Umfang die jeweilige Tagesordnung hat. Zudem könne zugunsten des Vereins auch nicht festgestellt werden, dass es objektiv unmöglich war, die Einladung einschließlich der Erläuterungen zu den beabsichtigten Satzungsänderungen in der Vereinszeitschrift abzudrucken. Auf eine etwaige Unpraktikabilität oder den hohen Kostenaufwand einer solchen Vorgehensweise könne sich der Verein angesichts der eindeutigen Regelung in der Satzung nicht berufen. Im Übrigen wäre es zumindest möglich gewesen, die Einladung zur Mitgliederversammlung in die Vereinszeitschrift aufzunehmen und lediglich die Erläuterungen zu den beabsichtigten Satzungsänderungen gesondert zu versenden.

Das Recht zur Teilnahme an der Mitgliederversammlung gehört zu den existentiellen Mitgliedschaftsrechten. Die Einladung der Mitglieder zur Mitgliederversammlung dient nicht nur dem Interesse des einzelnen Mitglieds, sondern dem Interesse sämtlicher Mitglieder an einer ordnungsgemäßen Willensbildung (BGH, in: NJW 1973, 235). Vor diesem Hintergrund ist eine satzungswidrige Form der Einladung, welche nicht in vergleichbarer Weise eine (rechtzeitige) Kenntnisnahme der Mitglieder von der Einladung gewährleistet wie die in der Satzung vorgesehene Einladungsform, ein relevanter Satzungsverstoß, welcher die Unwirksamkeit der in der betreffenden Mitgliederversammlung gefassten Beschlüsse zur Folge hat.

Deshalb kann ein Einberufungsmangel regelmäßig nur dann „ir-relevant“ sein kann, wenn der Verein nachweist, dass der Beschluss auch ohne den Verstoß in gleicher Weise zustande gekommen wäre. Maßgeblich hierfür ist nicht allein das zahlenmäßige Abstimmungsergebnis. Darüber hinaus muss auch sicher ausgeschlossen sein, dass bei ordnungsgemäßer Einberufung die Willensbildung der Mitglieder zu einem anderen Abstimmungsergebnis geführt hätte.

Zwar gab das OLG Hamm dem Verein dahin Recht, dass allein der Umstand, dass die Einladung statt durch Veröffentlichung in der Vereinszeitschrift durch gesonderte postalische Übersendung an jedes einzelne Vereinsmitglied erfolgt ist, weder unmittelbar das Abstimmungsergebnis noch die vorgelagerte Willensbildung der Vereinsmitglieder beeinflusst haben kann. Vorliegend waren jedoch die Einladungsschreiben mittels der sog. Infopost der Deutschen Post übermittelt wurden. Hierdurch wurde die realistische Gefahr einer Verwechselung des Einladungsschreibens mit Werbesendungen begründet.

Es empfiehlt sich also dringend, zur Mitgliederversammlung immer nur in der in der Satzung festgelegten Form einzuladen.


Veröffentlicht in:

Auftakt!, Magazin des Bund Deutscher Zupfmusiker, Ausgabe 2-2014, S. 24
BZVS News, Verbandszeitschrift des Bundes für Zupf- und Volksmusik Saar e. V., Ausgabe 37 - April 2014, S. 34
Gartenfreund, Verbandszeitschrift für das Kleingartenwesen, Nr. 7 - Juli 2015, S. 7/25


*) Rechtsanwalt Patrick R. Nessler ist Inhaber der RKPN.de-Rechtsanwaltskanzlei Patrick R. Nessler, St. Ingbert. Er ist tätig auf den Gebieten des Vereins-, Verbands- und Stiftungsrechts, des Gemeinnützigkeitsrechts sowie des Kleingartenrechts. Außerdem unterrichtet er als Rechtsdozent an verschiedenen Bildungseinrichtungen, insbesondere der Deutschen Hochschule für Prävention und Gesundheitsmanagement, und für eine ganze Reihe von Organisationen.

Rechtsanwalt Nessler ist Justiziar des Landessportverbandes für das Saarland und ehrenamtlich tätig in verschiedenen Gremien des Deutschen Betriebssportverbandes. Seit 2004 ist er bereits dessen Generalsekretär. Darüber hinaus ist er der Fach-Experte für Rechtsfragen bei der Landesarbeitsgemeinschaft Pro Ehrenamt, Mitglied der Arbeitsgruppe Recht des Bundesverbandes Deutscher Gartenfreunde und Verbandsanwalt des Landesverbandes Saarland der Kleingärtner, Mitglied der Kommission „Finanzen“ des Bundesverbandes Deutsche Tafel e.V., Mitglied des Ausschusses „Recht und Satzung“ des Landessportverbandes Berlin e.V. u.a.

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