Minderjährige im Vereinsvorstand

Oder: Geht das überhaupt?

Patrick R. Nessler - Rechtsanwalt


In vielen Vereinen und Verbänden stellt sich immer mal wieder die Frage, ob Minderjährige in ein Vorstandsamt gewählt werden können oder nicht. In den Satzungen mancher Vereine und Verbände werden sogar ausschließlich Minderjährige in bestimmte Ämter gewählt (z. B. Jugendvertreter im Vorstand).

Bei der Wahl in ein Vorstandsamt handelt es sich rechtlich gesehen um den Abschluss eines Auftragsvertrages (§§ 27 Abs. 3, 664 bis 670 BGB). Gleiches gilt aber auch für die Wahl in eine andere nach der Satzung vorgesehene Funktion (BGH, Urt. v. 05.12.1983, Az. II ZR 252/82). Das ist auch der Grund, warum ein gewählter Kandidat immer die Frage gestellt bekommt, ob er die Wahl annehme. Denn der „Auftragsvertrag“ kommt erst zustande, wenn sich beide Seiten einig sind.

Bei Minderjährigen gestaltet sich rechtlich der Vertragsschluss, also die Amtsannahme, nach anderen Regelungen als bei Erwachsenen.

Bis zur Vollendung des siebenten Lebensjahrs sind Minderjährige nicht geschäftsfähig (§ 104 Nr. 1 BGB). Damit ist völlig ausgeschlossen, dass sie ein Vorstandsamt ausüben, da sie selbst keine rechtlich verbindlichen Erklärungen abgeben können (§ 105 Abs. 1 BGB), was aber für die Ausübung des Vorstandsamts zwingend erforderlich ist.

Ein Minderjähriger, der das siebente, aber noch nicht das 18. Lebensjahr vollendet hat, ist in der Geschäftsfähigkeit (nur noch) beschränkt. Er darf eigene rechtlich bedeutsame Willenserklärungen abgeben. Das bedeutet, dass er grundsätzlich auch ein Amt im Verein oder Verband, als Vorstand, ausüben kann. Er darf sogar das Amt eines vertretungsberechtigten Vorstands bekleiden.

Da der Minderjährige durch die Annahme der Wahl und damit des Amtes jedoch nicht lediglich einen rechtlichen Vorteil erlangt, bedarf er zur Annahme des Amtes der Einwilligung seines gesetzlichen Vertreters (§ 107 BGB). Das sind in der Regel die erziehungsberechtigten Eltern, welche den Minderjährigen gemeinsam rechtlich vertreten (§ 1629 Abs. 1 S. 2 BGB). Die Annahme eines Vorstandsamtes ist für den Minderjährigen deshalb rechtlich nachteilig, weil er damit auch Pflichten erhält. Diese Pflichten sind zumindest die der ordnungsgemäßen Ausübung des Amtes und der Auskunfts- und Rechenschaftspflicht gegenüber dem Vereinsorgan, das ihn in das Amt gewählt hat.

Erklärt ein beschränkt geschäftsfähiger Minderjähriger ohne die vorher erteilte erforderliche Einwilligung des gesetzlichen Vertreters die Annahme des Amtes, so hängt die Wirksamkeit seiner Bestellung von der nachträglichen Genehmigung durch den gesetzlichen Vertreter ab (§ 108 Abs. 1 BGB). Nur wenn die Zustimmung des gesetzlichen Vertreters vorliegt, ist der Minderjährige wirksam im Amt und kann dann das Amt ganz normal ausüben, wie jede voll geschäftsfähige Person.

Um die Unsicherheit über die Wirksamkeit der Bestellung des Minderjährigen zu beseitigen, kann der Verein, vertreten durch den vertretungsberechtigten Vorstand, den gesetzlichen Vertreter des Minderjährigen zur Erklärung über die Genehmigung auffordern. Der gesetzliche Vertreter kann die Erklärung dann nur noch ihm gegenüber abgeben. Eine vor der Aufforderung dem Minderjährigen gegenüber erklärte Genehmigung oder Verweigerung der Genehmigung wird unwirksam. Die Genehmigung muss von dem gesetzlichen Vertreter dann spätestens bis zum Ablauf von zwei Wochen nach dem Empfang der Aufforderung erklärt werden. Wird sie nicht erklärt, so gilt sie als verweigert (§ 108 Abs. 2 BGB). Der Minderjährige ist dann endgültig nicht wirksam in das Amt gelangt.

Etwas anders gilt, wenn die Satzung spezielle Regelungen zu dieser Frage enthält. So kann zum Beispiel eine Satzung vorschreiben, dass nur voll geschäftsfähige Personen Vorstandsmitglied sein können. In diesem Fall ergibt sich die oben dargestellte Problematik erst gar nicht, da Minderjährige hier kein Vorstandsamt bekleiden können.


Veröffentlicht in:

Ehrenamt-News der Landesarbeitsgemeinschaft Pro Ehrenamt, Ausgabe 2.2014
saarsport, Zeitschrift des Landessportverbandes für das Saarland, Ausgabe Mai/Juni 2014, S. 59
Auftakt!, Magazin des Bund Deutscher Zupfmusiker, Ausgabe 3-2014, S. 42


*) Rechtsanwalt Patrick R. Nessler ist Inhaber der RKPN.de-Rechtsanwaltskanzlei Patrick R. Nessler, St. Ingbert. Er ist tätig auf den Gebieten des Vereins-, Verbands- und Stiftungsrechts, des Gemeinnützigkeitsrechts sowie des Kleingartenrechts. Außerdem unterrichtet er als Rechtsdozent an verschiedenen Bildungseinrichtungen, insbesondere der Deutschen Hochschule für Prävention und Gesundheitsmanagement, und für eine ganze Reihe von Organisationen.

Rechtsanwalt Nessler ist Justiziar des Landessportverbandes für das Saarland und ehrenamtlich tätig in verschiedenen Gremien des Deutschen Betriebssportverbandes. Seit 2004 ist er bereits dessen Generalsekretär. Darüber hinaus ist er der Fach-Experte für Rechtsfragen bei der Landesarbeitsgemeinschaft Pro Ehrenamt, Mitglied der Arbeitsgruppe Recht des Bundesverbandes Deutscher Gartenfreunde und Verbandsanwalt des Landesverbandes Saarland der Kleingärtner, Mitglied der Kommission „Finanzen“ des Bundesverbandes Deutsche Tafel e.V., Mitglied des Ausschusses „Recht und Satzung“ des Landessportverbandes Berlin e.V. u.a.

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