Wenn Vereine gemeinsam Veranstaltungen durchführen

oder: Bei der BGB-Gesellschaft ist vieles anders!

Patrick R. Nessler - Rechtsanwalt


Wenn Vereine/Verbände gemeinsam Veranstaltungen durchführen (Feste, Aufführungen, Turniere, Bildung von Spielgemeinschaften etc.), dann bilden sie in rechtlicher Hinsicht automatisch eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts (BGB-Gesellschaft). Denn dafür genügt, dass mindestens zwei zusammen einen gemeinsamen Zweck erreichen wollen und sich verpflichten, dazu Beiträge zum Erreichen des Zwecks zu erbringen (§ 705 BGB). Es sind weder besondere Förmlichkeiten einzuhalten, noch müssen sich die Gesellschafter bewusst sein, gerade eine BGB-Gesellschaft gegründet zu haben.

Rechtlich tritt diese BGB-Gesellschaft neben die sie bildenden Vereine/Verbände. Für diese BGB-Gesellschaft gilt dann auch nicht mehr das Vereinsrecht, sondern das in den §§ 705 ff. BGB geregelte Gesellschaftsrecht. Außerdem ist die BGB-Gesellschaft selbst umsatzsteuer- und gewerbesteuerpflichtig.

Vertreten wird die BGB-Gesellschaft -sofern im Gesellschaftsvertrag nichts Abweichendes geregelt wurde- durch alle Gesellschafter gemeinsam (§§ 714, 709 Abs. 1 BGB). Das heißt, jeder Verein/Verband muss bei der Vertretung der BGB-Gesellschaft entsprechend seiner eigenen Satzung durch seinen Vorstand in vertretungsberechtigter Zahl mitwirken. Gleiches gilt für die zu treffenden Entscheidungen (§ 709 Abs. 1 BGB).
Außerdem haben alle Gesellschafter das Recht, sich von den Angelegenheiten der BGB-Gesellschaft persönlich zu unterrichten und die Geschäftsbücher und die Papiere der Gesellschaft einzusehen (716 Abs. 1 BGB).
Sind die Anteile der Gesellschaft am Gewinn und Verlust im Gesellschaftsvertrag nicht abweichend bestimmt, so hat jeder Gesellschafter ohne Rücksicht auf die Art und die Größe seines eigenen Beitrages zu der BGB-Gesellschaft einen gleichen Anteil am Gewinn und Verlust wie die anderen (§ 722 Abs. 1 BGB). Das kann zu unangemessenen Ergebnissen führen, wenn ein Gesellschafter weniger beiträgt, aber vom Gewinn genauso viel erhält wie die anderen.

Grundsätzlich kann jeder Gesellschafter die BGB-Gesellschaft jederzeit kündigen (§ 723 Abs. 1 BGB). Kündigt ein Gesellschafter, dann wird die BGB-Gesellschaft aufgelöst. Sie wird nur dann mit den verbliebenen Gesellschaftern weitergeführt, wenn dies zuvor ausdrücklich im Gesellschaftsvertrag so geregelt gewesen ist. Auch das ist ein oft nicht gewolltes Ergebnis, da die Veranstaltung mit den verbliebenen Gesellschaftern oder mit neu aufzunehmenden Gesellschaftern durchgeführt werden soll.

Wie ich oben bereits ausgeführt habe, ist die BGB-Gesellschaft neben den Gesellschaftern (die Vereine/Verbände) selbst Steuersubjekt. Wenn also die BGB-Gesellschaft Lieferungen und sonstige Leistungen erbringt, die nach dem Umsatzsteuergesetz (UStG) steuerpflichtig sind, dann hat die BGB-Gesellschaft selbst eine entsprechende Steuererklärung zu erstellen und die entsprechenden Beträge an die Finanzverwaltung abzuführen. Dafür erhält die BGB-Gesellschaft auch eine eigene Steuernummer.

Ein Vorteil kann hier jedoch sein, dass die in § 19 Abs. 1 UStG enthaltene Kleinunternehmerregelung auf die BGB-Gesellschaft selbst Anwendung findet. Dann wird alleine anhand der Gewinnermittlungen der BGB-Gesellschaft geprüft, ob diese im Vorjahr einen Bruttoumsatz von mehr als 17.500,00 € hatte und ob sie im aktuellen Jahr einen Bruttoumsatz von 50.000,00 € haben wird. Sind diese Zahlen nicht erreicht, wir die Umsatzsteuer von der BGB-Gesellschaft nicht erhoben.

Bei der Körperschafts- und der Gewerbesteuer ist bei wegen der Förderung gemeinnütziger, mildtätiger oder kirchlicher Zwecke steuerbegünstigten Vereinen/Verbänden noch ein besonderer Punkt zu beachten. Dort fällt nur dann Körperschafts- und Gewerbesteuer an, wenn die Einnahmen einschließlich Umsatzsteuer aus wirtschaftlichen Geschäftsbetrieben, die keine Zweckbetriebe sind, insgesamt 35.000,00 € im Jahr, übersteigen. Hier werden die dem jeweiligen Gesellschafter zuzurechnenden anteiligen Einnahmen der BGB-Gesellschaft zugrunde gelegt, nicht der dem Gesellschafter zustehende anteilige Gewinn.

Nach den obigen Ausführungen ist klar: Die Errichtung einer Festgemeinschaft etc. bedarf einiger Vorbereitung und der genauen Prüfung, ob die gesetzlichen Regelungen zur BGB-Gesellschaft so überhaupt gewollt sind. Falls nicht, müsste ein gesonderter Gesellschaftsvertrag geschlossen werden. Außerdem muss auf die steuerrechtlichen Regelungen für die BGB-Gesellschaft ein besonderes Augenmerk gelegt werden, um die schlimmstenfalls denkbare persönliche Haftung der handelnden Personen zu vermeiden.


Veröffentlicht in:

BZVS News, Verbandszeitschrift des Bundes für Zupf- und Volksmusik Saar e. V., Ausgabe 32 - August 2012, S. 13
Ehrenamt-News der Landesarbeitsgemeinschaft Pro Ehrenamt, Ausgabe 3.2012
Verbandsorgan des Betriebssport Verbandes Hamburg, Nr. 4/2012, S. 30


*) Rechtsanwalt Patrick R. Nessler ist Inhaber der RKPN.de-Rechtsanwaltskanzlei Patrick R. Nessler, St. Ingbert. Er ist tätig auf den Gebieten des Vereins-, Verbands- und Stiftungsrechts, des Gemeinnützigkeitsrechts sowie des Kleingartenrechts. Außerdem unterrichtet er als Rechtsdozent an verschiedenen Bildungseinrichtungen, insbesondere der Deutschen Hochschule für Prävention und Gesundheitsmanagement, und für eine ganze Reihe von Organisationen.

Rechtsanwalt Nessler ist Justiziar des Landessportverbandes für das Saarland und ehrenamtlich tätig in verschiedenen Gremien des Deutschen Betriebssportverbandes. Seit 2004 ist er bereits dessen Generalsekretär. Darüber hinaus ist er der Fach-Experte für Rechtsfragen bei der Landesarbeitsgemeinschaft Pro Ehrenamt, Mitglied der Arbeitsgruppe Recht des Bundesverbandes Deutscher Gartenfreunde und Verbandsanwalt des Landesverbandes Saarland der Kleingärtner, Mitglied der Kommission „Finanzen“ des Bundesverbandes Deutsche Tafel e.V., Mitglied des Ausschusses „Recht und Satzung“ des Landessportverbandes Berlin e.V. u.a.

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