Die "Wiederbeschaffungs-Rücklage"

Nicht neu, aber einfacher!

Patrick R. Nessler - Rechtsanwalt


Veröffentlicht in:

saarsport, Zeitschrift des Landessportverbandes für das Saarland, Ausgabe April 2013, S. 58
Sport im Betrieb, Verbandszeitschrift des Betriebssportverbandes Hamburg, Ausgabe 2/2013, S. 26
Der Fachberater, Verbandszeitschrift des Bundesverbandes Deutscher Gartenfreunde, Ausgabe Nr. 1/Februar 2014, S. 23


Mit dem "Gesetz zur Stärkung des Ehrenamtes - Ehrenamtsstärkungsgesetz" (bis kurz vor der Beschlussfassung hieß das Gesetz noch "Gemeinnützigkeitsentbürokratisierungsgesetz") wurden auch die steuerrechtlichen Regelungen der Abgabenordnung (AO) zu der Bildung von "zweckgebundenen" Rücklagen geändert.

Grundsätzlich muss die wegen der Verfolgung gemeinnütziger, mildtätiger oder kirchlicher Zwecke steuerbegünstigte Organisation die in einem Jahr eingenommenen Gelder spätestens zum Ende des nächsten Kalender- bzw. Wirtschaftsjahres für die Satzungszwecke wieder ausgegeben haben (§ 55 Abs. 1 Nr. 5 AO).

Auch schon bisher ließ es das Gesetz zu, dass der Verein bzw. Verband Rücklagen bildete, so dass diese Mittel nicht zeitnah im Sinne des § 55 Abs. 1 Nr. 5 AO verwendet werden mussten. Der neue § 62 Abs. 1 Nr. 2 AO erlaubt nun, dass eine Körperschaft ihre Mittel ganz oder teilweise einer Rücklage für die beabsichtigte Wiederbeschaffung von Wirtschaftsgütern zuführt, die zur Verwirklichung der steuerbegünstigten, satzungsmäßigen Zwecke erforderlich sind (Wiederbeschaffungsrücklage). Die Höhe der Zuführung bemisst sich dabei nach der Höhe der regulären Absetzungen für Abnutzung.

§ 60 Abs. 1 Nr. 2 AO enthält nun die gesetzliche Normierung der so genannten Wiederbeschaffungsrücklage, die auch schon bisher von der Finanzverwaltung anerkannt war (Nr. 10 zu § 58 Nr. 6 AEAO). Durch die ausdrückliche Einfügung in das Gesetz ist diese Form der Rücklage zukünftig aber rechtssicherer, weil sie jetzt als Gesetz auch von der finanzgerichtlichen Rechtsprechung zwingend beachtet werden muss.

Den Regelfall der Absetzung für Abnutzung enthält § 7 Abs. 1 Einkommenssteuergesetz (EStG). Danach ist bei Wirtschaftsgütern, deren Verwendung oder Nutzung durch den Steuerpflichtigen sich erfahrungsgemäß auf einen Zeitraum von mehr als einem Jahr erstreckt, jeweils für ein Jahr der Teil der Anschaffungs- oder Herstellungskosten abzusetzen, der bei gleichmäßiger Verteilung dieser Kosten auf die Gesamtdauer der Verwendung oder Nutzung auf ein Jahr entfällt (Absetzung für Abnutzung in gleichen Jahresbeträgen, oder auch "lineare Abschreibung" genannt").

Die Absetzung bemisst sich hierbei nach der betriebsgewöhnlichen Nutzungsdauer des Wirtschaftsguts (§ 7 Abs. 1 S. 2 EStG). Das Bundesministerium der Finanzen gibt dazu sogenannte AfA-Tabellen heraus. Diese sind ein Hilfsmittel, um die Nutzungsdauer von Anlagegütern zu schätzen. Die AfA-Tabellen stellen keine bindende Rechtsnorm dar. Dennoch werden die in den AfA-Tabellen festgelegten Abschreibungssätze sowohl von der Rechtsprechung, der Verwaltung als auch der Wirtschaft allgemein anerkannt, da sie umfangreiches in der Praxis gewonnenes Fachwissen widerspiegeln. Im Jahr der Anschaffung oder Herstellung des Wirtschaftsguts vermindert sich für dieses Jahr der Absetzungsbetrag um jeweils ein Zwölftel für jeden vollen Monat, der dem Monat der Anschaffung oder Herstellung vorangeht (§ 7 Abs. 1 S. 4 EStG).

Weitere detaillierte Regelungen zu den möglichen Absetzungen für Abnutzungen eines Wirtschaftsgutes sind in den §§ 7 ff. EStG enthalten.

Aus dieser neuen Regelung in § 62 Abs. 1 Nr. 2 AO folgt aber nicht, dass Mittel in Höhe der Abschreibungen generell einer Rücklage nach § 58 Nr. 6 zugeführt werden dürfen. Vielmehr ist es erforderlich, dass tatsächlich eine Neuanschaffung des einzelnen Wirtschaftsguts geplant und in einem angemessenen Zeitraum möglich ist. Eine Einstellung von Mitteln in Höhe der Abschreibungen in die Rücklage wäre z.B. dann nicht gerechtfertigt, wenn ein Fuhrpark verkleinert oder ein Gebäude während unabsehbar langer Zeit nicht durch einen Neubau ersetzt werden soll (Nr. 10 zu § 58 Nr. 6 AEAO).

Nach § 62 Abs. 1 Nr. 2 S. 3 AO können im Einzelfall auch höhere Rücklagen für eine Widerbeschaffung gebildet werden. Doch sind die Gründe dafür besonders nachzuweisen. Die Zuführung von Mitteln alleine in Höhe der Abschreibungen dürfte z.B. dann nicht ausreichen, wenn das vorhandene Wirtschaftsgut entweder frühzeitig oder durch ein besseres, größeres und teureres Wirtschaftsgut ersetzt werden soll (Nr. 10 zu § 58 Nr. 6 AEAO).

Damit vereinfacht das Gesetz zukünftig die Bildung von sogenannten Wiederbeschaffungsrücklagen. Doch bleibt die Pflicht erhalten, bereits ab der ersten Bildung der (Teil-)Rücklage genau zu dokumentieren, dass das Wirtschaftsgut für den steuerbegünstigten Bereich des Vereins oder Verbandes (also nicht für den Bereich der wirtschaftlichen Geschäftsbetriebe) angeschafft werden soll und wann dies geschehen soll. Im Übrigen ist dringend auf die Einhaltung der Bestimmungen der §§ 7 ff. EStG zu achten.


Rechtsanwalt Patrick R. Nessler ist Inhaber der RKPN.de-Rechtsanwaltskanzlei Patrick R. Nessler in St. Ingbert. Er ist tätig auf den Gebieten des Vereins-, Verbands- und Stiftungsrechts, des Gemeinnützigkeitsrechts, des Vertragsrechts inklusive des Kleingartenrechts, sowie des Verkehrsrechts und des Forderungseinzugs (Inkasso). Außerdem unterrichtet er als Rechtsdozent an verschiedenen Akademien.

Er ist tätig in verschiedenen Gremien des Deutschen Betriebssportverbandes e. V.. Seit 2004 ist er bereits dessen Generalsekretär. Darüber hinaus ist Rechtsanwalt Nessler Fach-Experte für Rechtsfragen bei der Landesarbeitsgemeinschaft Pro Ehrenamt e. V., Mitglied der Arbeitsgruppe Recht des Bundesverbandes Deutscher Gartenfreunde und Verbandsanwalt der Landesverbände Rheinland-Pfalz und Saarland der Kleingärtner u.a.

RKPN.de-Rechtsanwaltskanzlei
Patrick R. Nessler
Kastanienweg 15
66386 St. Ingbert

Tel.: 06894 9969237
Fax: 06894 9969238
Mail: Post@RKPN.de
Internet: www.RKPN.de