Vorsicht bei Verfallklauseln in Arbeitsverträgen

Oder: Der Mindestlohn darf nicht umfasst sein!

Patrick R. Nessler - Rechtsanwalt


In vielen Arbeitsverträgen ist vereinbart, dass Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis nur innerhalb eines bestimmten Zeitraumes nach ihrer Entstehung oder eines bestimmten Zeitraumes nach dem Ende des Arbeitsverhältnisses geltend gemacht werden können. Solche „Verfallklauseln“ (auch „Ausschlussklauseln“ genannt) finden sich auch in zahlreichen Arbeitsverträgen mit Sportlern, Trainern, Übungsleitern, Chorleitern, aber auch mit den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern im Verwaltungsbereich der Vereine und Verbände.

Die Vereinbarung einer Verfallklausel ist auch in einem standardisierten Formulararbeitsvertrag grundsätzlich wirksam.

Eine solche Klausel unterliegt in der Regel aber dem Recht der Allgemeinen Geschäftsbedingungen (§§ 305 ff. BGB), so dass nicht jeder Inhalt einer Verfallklausel zulässig ist. Die Verfallklausel darf den Arbeitnehmer insbesondere nicht entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen benachteiligen. Eine unangemessene Benachteiligung kann sich auch daraus ergeben, dass die Bestimmung nicht klar und verständlich ist (Transparenzgebot, § 307 Abs. 1 BGB).

Wegen der weitreichenden Folgen von Ausschlussfristen muss aus der Verfallklausel, wenn diese dem Transparenzgebot genügen soll, ersichtlich sein, welche Rechtsfolgen der Arbeitnehmer zu befürchten hat und was er zu tun hat, um deren Eintritt zu verhindern (Bundesarbeitsgericht - BAG, Urt. v. 19.06.2018, Az. 9 AZR 615/17). Eine Klausel, die die Rechtslage unzutreffend oder missverständlich darstellt und auf diese Weise dem Arbeitgeber ermöglicht, begründete Ansprüche unter Hinweis auf die in der Klausel getroffene Regelung abzuwehren, und die geeignet ist, den Arbeitnehmer von der Durchsetzung bestehender Rechte abzuhalten, benachteiligt den Arbeitnehmer entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen (BAG, Urt. v. 18.09.2018, Az. 9 AZR 162/18).

Nach § 1 MiLoG hat jede Arbeitnehmerin und jeder Arbeitnehmer Anspruch auf Zahlung eines Arbeitsentgelts mindestens in Höhe des Mindestlohns. Vereinbarungen, die den Anspruch auf Mindestlohn unterschreiten oder seine Geltendmachung beschränken oder ausschließen, sind insoweit unwirksam (§ 3 Abs. 1 Satz 1 MiLoG).

Das BAG hat wegen dieses gesetzlichen Verbotes entschieden (Urt. v. 18.09.2018, Az. 9 AZR 162/18), dass wenn eine Verfallklausel inhaltlich und sprachlich alle Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis und solche, die mit dem Arbeitsverhältnis in Verbindung stehen, erfasst, ohne zwischen dem Mindestlohnanspruch und sonstigen Ansprüchen zu differenzieren, die gesamte Verfallklausel unwirksam ist. Eine solche Klausel stellt nämlich, indem sie entgegen § 3 Satz 1 MiLoG den Anspruch auf den gesetzlichen Mindestlohn aus ihrem Anwendungsbereich nicht ausnimmt, die Rechtslage unzutreffend und deshalb irreführend dar.


Fazit:

Sofern ein Verein oder Verband Arbeitnehmer beschäftigt, muss er seine Arbeitsverträge darauf prüfen, ob in ihnen Verfallklauseln enthalten sind. Sollte das der Fall sein und die Klauseln nehmen von ihrem Anwendungsbereich die Ansprüche des Arbeitnehmers nach dem MiLoG nicht aus, dann ist die gesamte Verfallklausel unwirksam. Das muss bei der Fortführung des Arbeitsvertrages vom Verein beachtet werden.


Stand: 19.09.2019

*) Rechtsanwalt Patrick R. Nessler ist Inhaber der RKPN.de-Rechtsanwaltskanzlei Patrick R. Nessler, St. Ingbert. Er ist tätig auf den Gebieten des Vereins-, Verbands- und Gemeinnützigkeitsrechts, des Datenschutzrechts für Vereine und Verbände, sowie des Kleingartenrechts. Außerdem unterrichtet er als Rechtsdozent an verschiedenen Bildungseinrichtungen, u.a. an der Deutschen Hochschule für Prävention und Gesundheitsmanagement sowie der Führungsakademie des Deutschen Olympischen Sportbundes e.V. und für eine ganze Reihe von Organisationen.

Rechtsanwalt Nessler ist Justiziar des Landessportverbandes für das Saarland und ehrenamtlich tätig in verschiedenen Gremien des Deutschen Betriebssportverbandes. Seit 2004 ist er bereits dessen Generalsekretär. Darüber hinaus ist er der Fach-Experte für Rechtsfragen bei der Landesarbeitsgemeinschaft Pro Ehrenamt, Mitglied der Arbeitsgruppe Recht sowie des wissenschaftlichen Beirates des Bundesverbandes Deutscher Gartenfreunde und Verbandsanwalt des Landesverbandes Saarland der Kleingärtner, Mitglied des Ausschusses „Recht und Satzung“ des Landessportbundes Berlin e.V. u.a.

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