Mitgliederbeschlüsse außerhalb der Versammlung

Oder: Die Hürde wurde deutlich herabgesetzt!


Grundsätzlich fassen die Mitglieder der Vereine und Verbände nach § 32 Abs. 1 Satz 1 BGB ihre Beschlüsse in Versammlungen. Diese Regelung verlangt die Anwesenheit der Mitglieder am Ort der Versammlung verlangt (OLG Hamm, Urt. v. 20.06.2001, Az. 8 U 77/01). In Zeiten der bundesweiten staatlichen Maßnahmen zur Bekämpfung der weiteren Ausbreitung der Coronapandemie ist in der Regel die Durchführung der Mitgliederversammlung in dieser Form nicht möglich.

Auch bisher schon war es nach § 32 Abs. 2 BGB möglich, dass Beschlüsse der Mitglieder außerhalb einer Mitgliederversammlung gefasst werden können. Voraussetzung dafür war jedoch, dass wirklich alle Mitglieder des Vereins dementsprechenden Beschluss schriftlich zustimmen.

Nach dem seit 28.03.2020 geltenden § 5 Abs. 3 des Gesetzes über Maßnahmen im Gesellschafts-, Genossenschafts-, Vereins-, Stiftungs- und Wohnungseigentumsrecht zur Bekämpfung der Auswirkungen der COVID-19-Pandemie ist abweichend von § 32 Abs. 2 BGB ein Beschluss ohne Versammlung der Mitglieder gültig, wenn alle stimmberechtigte Mitglieder und sonstige stimmberechtigte Personen an der Abstimmung beteiligt wurden, bis zu dem vom Verein gesetzten Termin mindestens die Hälfte dieser Personen ihre Stimmen in Textform abgegeben haben. Für die in § 126b BGB geregelte „Textform“ genügen auch das einfache E-Mail oder ein Telefax.

Der Beschluss muss trotzdem mit der erforderlichen Mehrheit gefasst werden. Das ist grundsätzlich die einfache Mehrheit. Allerdings gibt es auch vom Gesetz oder der Satzung vorgesehene andere Anforderungen (z. B. für Satzungsänderungen).

Konkret bedeutet das:

1. Der Vorstand kann eine Beschlussvorlage erstellen. Diese muss so formuliert sein, dass ein Mitglied alleine aufgrund der Ausführungen in der Beschlussvorlage oder deren Begründung erkennen kann, was beschlossen werden soll.

2. Dieser Beschlussvorschlag ist dann mit seiner Begründung an alle Mitglieder und sonst nach der Satzung in der Mitgliederversammlung stimmberechtigten Personen zu versenden mit der Aufforderung, bis zu einem bestimmten Zeitpunkt die Stimme dazu abzugeben.

3. Die Mitglieder können dann bis zu dem festgelegten Zeitpunkt ihre Stimme in Textform abgeben. Für die Einhaltung dieser gesetzlich geregelten Textform genügen z. B. ein einfaches E-Mail, ein Telefax aber auch ein Brief.

4. Wenn bis zum festgelegten Zeitpunkt mindestens die Hälfte der Mitglieder ihre Ja- oder Nein-Stimme abgegeben haben, dann ist die Beschlussfassung als solche wirksam.

5. Danach sind die Stimmen auszuzählen. Wird die für den Beschluss nach dem Gesetz oder der Satzung erforderliche Mehrheit erreicht, ist der Beschluss wirksam gefasst.

Bei dieser Form der Beschlussfassung müssen die gesamten Unterlagen (also die an die stimmberechtigten Personen versandten Informationen und Beschlussvorlage und die einzelnen Stimmabgaben der Mitglieder) aufbewahrt werden.

Da die Übergangsregelung in § 7 Abs. 5 des Gesetzes über Maßnahmen im Gesellschafts-, Genossenschafts-, Vereins-, Stiftungs- und Wohnungseigentumsrecht zur Bekämpfung der Auswirkungen der COVID-19-Pandemie für dessen § 5 Abs. 3 keine Bestimmung enthält, gilt § 5 Abs. 3 bis zum 31.12.2021.


Fazit:

Sofern in einem Verein oder Verband Beschlüsse der Mitglieder als erforderlich angesehen werden, können diese auch in einem zur bisherigen gesetzlichen Regelung deutlich vereinfachten Umlaufverfahren gefasst werden, ohne dass eine Mitgliederversammlung -mit dem dazu erforderlichen Aufwand- durchgeführt werden muss.


Stand: 07.05.2020

*) Rechtsanwalt Patrick R. Nessler ist Inhaber der RKPN.de-Rechtsanwaltskanzlei Patrick R. Nessler, St. Ingbert. Er ist tätig auf den Gebieten des Vereins-, Verbands- und Gemeinnützigkeitsrechts, des Datenschutzrechts für Vereine und Verbände, sowie des Kleingartenrechts. Außerdem unterrichtet er als Rechtsdozent an verschiedenen Bildungseinrichtungen, u.a. an der Deutschen Hochschule für Prävention und Gesundheitsmanagement sowie der Führungsakademie des Deutschen Olympischen Sportbundes e.V. und für eine ganze Reihe von Organisationen.

Rechtsanwalt Nessler ist Justiziar des Landessportverbandes für das Saarland und ehrenamtlich tätig in verschiedenen Gremien des Deutschen Betriebssportverbandes. Seit 2004 ist er bereits dessen Generalsekretär. Darüber hinaus ist er der Fach-Experte für Rechtsfragen bei der Landesarbeitsgemeinschaft Pro Ehrenamt, Mitglied der Arbeitsgruppe Recht sowie des wissenschaftlichen Beirates des Bundesverbandes Deutscher Gartenfreunde und Verbandsanwalt des Landesverbandes Saarland der Kleingärtner, Mitglied des Ausschusses „Recht und Satzung“ des Landessportbundes Berlin e.V. u.a.

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