Die Wahl zum Vorstandsmitglied und deren Bedeutung

Oder: Wie werde ich Vorstand? Und was kommt dann?

Patrick R. Nessler - Rechtsanwalt


Vortrag anlässlich der Rechtstagung des Bundesverbandes Deutscher Gartenfreunde am 26.10.2012 in Nürnberg


In der heutigen Zeit finden immer mehr Vereine nicht genügend Kandidaten, um bei einer Vorstandswahl alle Ämter zu besetzen. Trotzdem kommt es aber auch immer wieder vor, dass nach einer Wahl Streit darüber entsteht, ob der Vorstand überhaupt wirksam bestellt worden ist. Diese Frage ist in der Praxis oft schwieriger zu beantworten, als die meisten Funktionäre annehmen.

Manchmal ist die mangelnde Bereitschaft der Mitglieder oder anderer Personen, für ein Amt im Vorstand zu kandidieren, auch einfach nur darin begründet, dass diese Personen nicht wissen, was danach auf sie zukommt.


A. Die Praxis als Lehrmeister

Am Leichtesten lassen sich theoretische Fragestellungen anhand von Praxisfällen erklären:


Praxisfall 1 (nach LG Kaiserslautern, Urt. v. 11.05.2005, Az. 3 O 662/03)

Ein Fußballverein schloss mit dem DFB einen Bundesliga-Lizenzvertrag und unterwarf sich dessen Regelungen und denen der DFL. Wegen Verstöße des Vereins gegen diese Regelungen sah der Lizenzvertrag eine Vertragsstrafe vor.

Gemäß des DFB-Lizenzspielerstatuts war der Verein verpflichtet, "dem DFB sämtliche Verträge mit Lizenzspielern … vorzulegen.“ Das hat der Vorstand aber nicht getan, sondern verschiedene Verträge der Spieler gegenüber dem DFB verheimlicht.

Mit Beschluss der DFL vom 27.03.2003 wurde dem Verein deswegen eine Vertragsstrafe von 125.000,00 € sowie ein Abzug von 3 Punkten für die Spielsaison 2003/2004 auferlegt, wodurch der Verein geringere Fernsehgelder erhielt und damit Mindereinnahmen von 396.239,00 € hatte.

Der Verein wollte von dem handelnden Vorstand Schadensersatz.


Praxisfall 2 (nach BGH, Urt. v. 30.06.2003, Az. II ZR 153/02)

Der Vorsitzende eines nicht in das Vereinsregister eingetragenen Vereines schloss mit einem Außenstehenden eine Vereinbarung im Namen des Vereins. Danach unterstützt der nicht eingetragene Verein den Außenstehenden bei seinem rechtlichen Vorgehen gegen die Erweiterung der Hausmülldeponie S. des Landkreises A. ideell und materiell.

Die materielle Unterstützung betrifft insbesondere die in den Verfahren gegenüber den Verwaltungsbehörden und Gerichten anfallenden Gebühren und Kosten sowie die notwendigen Auslagen (Anwaltsgebühren, Honorare für Gutachten etc.). Das Vereinsvermögen reichte jedoch nur zum Ersatz eines Teiles der entsprechenden Kosten und Auslagen.

Der Außenstehende verlangt nun von dem Vorsitzenden des Restbetrag.


B. Warum ein Verein einen Vorstand haben muss

Der Verein ist eigentlich nur eine Ansammlung von Personen, welche sich zusammengeschlossen haben, um einen gemeinsamen Zweck zu verfolgen. Bei kleinen Vereinen könnten sicherlich noch alle Mitglieder gemeinsam handeln. Doch je größer diese Organisation wird, umso schwieriger wäre für den Verein rechtsgeschäftliches Handeln. Deshalb schreibt das Gesetz vor, dass jeder Verein für seine Vertretung einen Vorstand haben muss:


§ 26 Abs. 1 S. 1 BGB: Vorstand und Vertretung

Der Verein muss einen Vorstand haben. Der Vorstand vertritt den Verein gerichtlich und außergerichtlich; er hat die Stellung eines gesetzlichen Vertreters.


Das heißt, dass der Vorstand im Sinne des § 26 Abs. 1 BGB für den Verein verbindlich Erklärungen abgeben kann. Durch diese Erklärungen wird der Verein rechtlich berechtigt und verpflichtet, sofern der Vorstand zu erkennen gibt, dass er für den Verein handelt:


§ 164 Abs. 1 BGB: Wirkung der Erklärung des Vertreters

Eine Willenserklärung, die jemand innerhalb der ihm zustehenden Vertretungsmacht im Namen des Vertretenen abgibt, wirkt unmittelbar für und gegen den Vertretenen. Es macht keinen Unterschied, ob die Erklärung ausdrücklich im Namen des Vertretenen erfolgt oder ob die Umstände ergeben, dass sie in dessen Namen erfolgen soll.


Dementsprechend steht der Vorstand bei der Ausführung seines Vorstandsamtes zwischen der Erfüllung seiner Vorstandspflichten gegenüber dem Verein und als Handelndem gegenüber Außenstehenden.

Jedoch können Mitglieder des vertretungsberechtigten Vorstands nicht namens des Vereins mit sich selbst Verträge schließen:


§ 181 BGB: Insichgeschäft

Ein Vertreter kann, soweit nicht ein anderes ihm gestattet ist, im Namen des Vertretenen mit sich im eigenen Namen oder als Vertreter eines Dritten ein Rechtsgeschäft nicht vornehmen, es sei denn, dass das Rechtsgeschäft ausschließlich in der Erfüllung einer Verbindlichkeit besteht.


Der Vorstand im Sinne des § 26 Abs. 1 BGB ist aber auch zuständig, die an den Verein gerichteten Willenserklärungen entgegenzunehmen:


§ 26 Abs. 2 S. 2 BGB: Vorstand und Vertretung

Ist eine Willenserklärung gegenüber einem Verein abzugeben, so genügt die Abgabe gegenüber einem Mitglied des Vorstands.


Damit ergibt sich, dass der Verein einen vertretungsberechtigten Vorstand haben muss, damit der Verein überhaupt rechtlich handeln kann.


C. Wie wird man Vorstand?

Das Gesetz schreibt nur vor, dass der Verein einen Vorstand haben muss. Es lässt jedoch offen, welche Person oder welche Personen dann tatsächlich die Aufgaben des Vorstands erfüllen sollen. Bei einer Offenen Handelsgesellschaft hat der Gesetzgeber zum Beispiel geregelt, dass alle Gesellschafter auch die Gesellschaft vertreten dürfen. Beim Verein hat der Gesetzgeber die Klärung dieser Frage jedem Verein selbst überlassen:


§ 27 Abs. 1 BGB: Bestellung und Geschäftsführung des Vorstands

Die Bestellung des Vorstands erfolgt durch Beschluss der Mitgliederversammlung.


Das heißt, dass die Mitglieder des Vorstands grundsätzlich von der Mitgliederversammlung zu wählen sind. Allerdings darf die Satzung eines Vereins auch regeln, dass ein anderes Vereinsorgan die Mitglieder des Vorstands wählt:


§ 40 S. 1 BGB: Nachgiebige Vorschriften

Die Vorschriften des ... § 27 Absatz 1 ... finden insoweit keine Anwendung als die Satzung ein anderes bestimmt.


Auch die Zusammensetzung des Vorstands und die Aufteilung des Vorstands in vertretungsberechtigte Vorstandsmitglieder (Vorstandsmitglieder i. S. d. § 26 Abs. 1 BGB) und nicht vertretungsberechtigte Vorstandsmitglieder überlässt der Gesetzgeber jedem Verein selbst:


§ 58 Nr. 8 BGB: Sollinhalt der Vereinssatzung

Die Satzung soll Bestimmungen enthalten: ... 3. über die Bildung des Vorstands ...


Es ergibt sich also aus der jeweiligen Satzung eines Vereins ganz individuell, aus wie vielen Personen der Vorstand besteht, ob alle vertretungsberechtigt sind oder nur einige und wie die einzelnen Ämter bezeichnet werden (z. B. Vorsitzender, Präsident, Kassierer, Schatzmeister, Rechnungsführer etc.).

Die Mitgliederversammlung (zur Ausnahme siehe oben) hat dann die Aufgabe die einzelnen Vorstandsämter zu besetzen:


§ 32 Abs. 1 S. 1-2 BGB: Mitgliederversammlung; Beschlussfassung

Die Angelegenheiten des Vereins werden, soweit sie nicht von dem Vorstand oder einem anderen Vereinsorgan zu besorgen sind, durch Beschlussfassung in einer Versammlung der Mitglieder geordnet. Zur Gültigkeit des Beschlusses ist erforderlich, dass der Gegenstand bei der Berufung bezeichnet wird.


Die Bestellung des Vorstands muss also in einer form- und fristgerecht und auch ansonsten ordnungsgemäß einberufenen Mitgliederversammlung erfolgen.

Da an der Mitgliederversammlung ist jedes Vereinsmitglied teilnahmeberechtigt ist, gleichgültig, ob es Stimmrecht besitzt oder nicht, haben auch sogenannte außerordentliche Mitglieder (passive Mitglieder, fördernde Mitglieder, korrespondierende Mitglieder) grundsätzlich das Recht, an der Mitgliederversammlung teilzunehmen. Das gleiche gilt für Ehrenmitglieder (Münchner Handbuch des Gesellschaftsrechts, Bd. 5, 2009, § 25 Rdnr. 51; Sauter/Schweyer/Waldner, Der eingetragene Verein, 18. Aufl. 2006, Rdnr. 196; Reichert, Vereins- und Verbandsrecht, 12. Aufl. 2010, Rdnr. 1432; Stöber, Handbuch zum Vereinsrecht, 9. Aufl. 2004, Rdnr. 463).

Deshalb ist grundsätzlich davon auszugehen, dass auf einer Mitgliederversammlung gefasste Beschlüsse ungültig sind, wenn nicht alle Mitglieder ordnungsgemäß zu der Mitgliederversammlung eingeladen waren (OLG Schleswig, Beschl. v. 17.03.2004, Az. 2 W 37/04; BayObLG, in: NJW-RR 1997, 289; OLG Düsseldorf, Urt. v. 30.11.2009, Az. 3 W 232/09).

Außerdem muss bei der Einladung zur Mitgliederversammlung die in der Satzung vorgeschrieben Form der Einladung eingehalten werden. Wenn in der Vereinssatzung die Schriftform vorgeschrieben ist, muss die jeweilige Erklärung von dem Aussteller eigenhändig durch Namensunterschrift unterzeichnet werden (§ 126 Abs. 1 BGB). Zwar ist die in einer Satzung festgelegte Schriftform keine vom Gesetz vorgeschriebene Form (BGH, Urt. v. 22.04.1996, Az. II ZR 65/95), so dass die telekommunikative Übermittlung der Erklärung genügt (§ 127 Abs. 2 BGB). Doch ist auch hier erforderlich, dass das unterschriebene Dokument telekommunikativ übermittelt wird. Ein einfaches E-Mail oder ein nicht persönlich unterschriebener Serienbrief genügen dem nicht (AG Wedding, Urt. v. 26.02.2009, 21a C 221/08; LG Köln, Urt. v. 07.01.2010, Az. 8 O 120/09).

Ist die in der Satzung vorgeschriebene Form der Einladung nicht eingehalten, dann sind in der Regel alle in der Versammlung gefassten Beschlüsse unwirksam.

Enthält die Satzung eines Vereines für die Einberufung einer Mitgliederversammlung eine ausdrückliche Fristenregelung, so ist alleine diese Frist maßgebend. Eine solche Satzungsbestimmung kann auch nicht durch den Beschluss der Mitgliederversammlung abgeändert -auch nicht verlängert- werden. Für eine Änderung der Einladungsfrist ist in diesen Fällen vielmehr eine Satzungsänderung erforderlich (OLG Hamburg, Urt. v. 27.08.2009, Az. 6 U 38/08).

Sofern die Einladungsfrist unterschritten ist, sind auch hier in der Regel alle gefassten Beschlüsse der Versammlung unwirksam.

Zur Gültigkeit eines Beschlusses der Mitgliederversammlung ist es auch erforderlich, dass der Gegenstand der Beschlussfassung bei der Einberufung bezeichnet wird. Die Mitglieder sollen dadurch Gelegenheit erhalten, sich über ihre Teilnahme an der Versammlung schlüssig zu werden und sich auf die Versammlung vorzubereiten. Den Mitgliedern soll durch die Tagesordnung ermöglicht werden, ihr Rede-, Frage-, Antrags- und Stimmrecht angemessen auszuüben (Reichert, Vereins- und Verbandsrecht, 12. Aufl. 2010, Rdnr. 1398). Sie sollen vor Überraschungen geschützt werden (BGH, Urt. v. 02.07.2007, Az. II ZR 111/05).
Die Tagesordnung soll einen allgemeinen Überblick geben, alle Einzelheiten braucht sie nicht zu enthalten. Wie genau der Gegenstand der Beratung und Beschlussfassung zu bezeichnen ist, richtet sich nach den Erfordernissen des Einzelfalls (BayObLG, in: RPfl 1979, 196; 1972, 132, 133; Stöber, Handbuch zum Vereinsrecht, 8. Aufl., Rn. 453; Sauter/Schweyer, Der eingetragene Verein, 16. Aufl., Rdnr. 178; Steffen in RGRK, BGB, 12. Aufl., Rdnr. 6 und 7; Soergel-Hadding, BGB, § 32 Rdnr. 12 und 13, jeweils m.w.Nw.).

Ist der gesamte Vorstand eines Vereins neu zu wählen, dann genügt in der Einladung sicherlich der Tagesordnungspunkt "Vorstandswahlen". Sind jedoch nur einzelne Positionen neu zu besetzen, dann muss in der Einladung angegeben werden, welche Vorstandsämter zu besetzen sind. Deshalb ist der Tagesordnungspunkt "Ergänzungswahlen" allein unzureichend.

Ist der Gegenstand der Beschlussfassung nach dieser Maßgabe nicht oder so ungenau bestimmt, dass den Mitgliedern eine sachgerechte Vorbereitung der Versammlung und eine Entscheidung, ob sie an der Versammlung teilnehmen wollen, nicht möglich ist, so sind die auf der Versammlung gefassten Beschlüsse gemäß § 32 Abs. 1 Satz 2 BGB nichtig (BGH, in: NJW 1973, 235 ff.; zuletzt BGH, Urt. v. 02.07.2007, Az. II ZR 111/05 unter Hinweis auf Urt. v. 17.11.1986, Az. II ZR 304/85; Waldner, in: Sauter/Schweyer/Waldner, Der eingetragene Verein, 18. Aufl., Rdnr. 213; Soergel/Hadding, BGB 13. Aufl. § 32 Rdn. 15).

Damit nun eine Person durch Wahl zum Vorstandsmitglied bestellt werden kann, ist es erforderlich, dass diese Person auch für die Wahl zur Verfügung steht. Dies ist vorher abzufragen. Dann erfolgt die Abstimmung:


§ 32 Abs. 1 S. 3 BGB: Mitgliederversammlung; Beschlussfassung

Bei der Beschlussfassung entscheidet die Mehrheit der abgegebenen Stimmen.


Zu diesen Beschlüssen gehören auch Wahlentscheidungen (§ 27 Abs. 1 BGB). Die „einfache“ Mehrheit erreicht ein Beschlussantrag bzw. Wahlvorschlag, wenn er mehr als die Hälfte der gültigen Stimmen auf sich vereinigt. Erforderlich ist, dass die Zahl der gültigen Ja-Stimmen die der gültigen Nein-Stimmen um wenigstens eine übertrifft; Stimmenthaltungen und ungültige Stimmen werden bei der Festlegung des Abstimmungsergebnisses nicht mitgezählt. Die einfache (im Gegensatz zur qualifizierten) Mehrheit entspricht somit der absoluten Mehrheit der abgegebenen gültigen Stimmen (OLG München, Beschl. v. 29.01.2008, Az. 31 Wx 78/07, 31 Wx 81/07 unter Hinweis auf BayObLG FGPrax 1996, 74; Reichert, Vereins- und Verbandsrecht 11. Aufl. Rn. 1683 f., 1689; Sauter/Schweyer/Waldner, Der eingetragene Verein 18. Aufl. Rn. 208; Palandt/Heinrichs/Ellenberger BGB 67. Aufl. § 32 Rn. 7).

Hiervon zu unterscheiden ist die „relative“ Stimmenmehrheit, bei der es genügt, dass eine Abstimmungsalternative mehr Stimmen erhält als eine der anderen. 22 Soll die nach § 32 Abs. 1 Satz 3 BGB geltende Mehrheitswahl modifiziert und anstelle der einfachen die relative Mehrheit maßgebend sein, so bedarf dies nach der zwingenden Vorschrift des § 40 BGB einer entsprechenden Bestimmung in der Satzung. Eine dahingehende Regelung muss aus der Satzung klar ersichtlich sein (OLG München, Beschl. v. 29.01.2008, Az. 31 Wx 78/07, 31 Wx 81/07, unter Hinweis auf BGHZ 106, 67/72; BayObLG FGPrax 1996, 74/75; OLG Schleswig Rpfleger 2005, 317/317; Sauter/Schweyer/Waldner Rn. 208 a.E.; Reichert Rn. 1688).

Auch wenn nur so viele Kandidaten zur Wahl stehen, wie Ämter zu vergeben sind, ist die Wahl "en block" nur erlaubt, wenn die Satzung dies ausdrücklich vorsieht (Kammergericht Berlin, Beschl. v. 30.01.2012; Az. 25 W 78/11; Hanseatisches OLG Bremen, Beschl. v. 01.06.2011, Az. 2 W 27/11). Denn der im Gesetz vorgesehene Wahlmodus ermöglicht zum einen konkurrierende und mehrfache Kandidaturen und gibt zum anderen den anwesenden Mitgliedern die Möglichkeit, durch ihr Wahlverhalten ihre Zustimmung oder Ablehnung zu einzelnen Kandidaten kundzutun. Bei der "Blockwahl" wird dieses jeweils auf die einzelnen Posten bezogene Wahlverfahren vorverlegt auf die Auswahl der Kandidaten und die Zuordnung der Funktionen durch den „Gesamtwahlvorschlag“ und die wesentlichen Entscheidungen über die personelle Zusammensetzung des Vorstandes von der Mitgliederversammlung ausgelagert auf die Person oder Personen, die den „Gesamtwahlvorschlag“ erstellen (OLG Bremen, Beschl. v. 01.06.2011, Az. 2 W 27/11).

Doch wenn eine Person zum Vorstandsmitglied gewählt worden ist, dann ist diese Person noch immer nicht im Amt. Nach dem Grundsatz, dass niemand zur Besorgung fremder Angelegenheiten gezwungen werden kann und aus der Überlegung, dass mit der Übernahme eines Vorstandsamtes Pflichten und die Gefahr der Haftung verbunden sind, muss der Kandidat die Wahl auch durch ausdrückliche Erklärung annehmen (Burhoff, Vereinsrecht, 8. Aufl. 2011, Rdnr. 255). Mit der Erklärung der Annahme der Wahl ist der Gewählte dann Vorstandsmitglied.

Zwar schreibt das Gesetz für den in das Vereinsregister eingetragenen Verein vor:


§ 67 Abs. 1 BGB: Änderung des Vorstands

Jede Änderung des Vorstands ist von dem Vorstand zur Eintragung anzumelden. Der Anmeldung ist eine Abschrift der Urkunde über die Änderung beizufügen.


Doch hat diese Eintragung keinen rechtsbegründenden Charakter. Das heißt, dass das jeweilige Vorstandsmitglied auch dann rechtmäßig bestellt ist, wenn es nicht in das Vereinsregister eingetragen wird. Die Urkunde über die Änderung des Vorstands ist das Protokoll der Sitzung des nach der jeweiligen Vereinssatzung für die Bestellung des Vereinsvorstands zuständigen Vereinsorgans. Deshalb muss die Erklärung über die Annahme der Wahl auch in das entsprechende Protokoll aufgenommen werden (KG Berlin, Beschl. v. 07.09.2010, Az. 1 W 198/10).


D. In welchem rechtlichen Verhältnis steht der Vorstand zum Verein?

Mit der Annahme des Vorstandsamtes entsteht zwischen dem Vorstandsmitglied und dem Verein ein Auftragsverhältnis, durch welches auf beiden Seiten Rechte und Pflichten entstehen:


§ 27 Abs. 3 BGB: Bestellung und Geschäftsführung des Vorstands

Auf die Geschäftsführung des Vorstands finden die für den Auftrag geltenden Vorschriften der §§ 664 bis 670 entsprechende Anwendung.


Zu den wichtigsten Pflichten des Vorstandes aus diesem Auftragsverhältnis gehören die Pflicht zur persönlichen (ordentlichen) Ausführung des Amts (§ 664 Abs. 1 BGB), die Auskunfts- und Rechenschaftspflicht (§ 666 BGB) und die Pflicht zur Herausgabe dessen, was der Vorstand zur Erfüllung des Amtes vom Verein erhalten hat oder durch diese Amtsführung von Dritten erlangt hat (§ 667 BGB).

Bei der "ordentlichen Ausführung des Amtes" sind nach Auffassung der Rechtsprechung strenge Maßstäbe anzulegen, auch wenn das Vorstandsamt ehrenamtlich ausgeübt wird. Der Vereinsvorstand kann sich hier in der Regel nicht darauf berufen, dass er nicht die notwendigen Fachkenntnisse hätte. Insoweit verlangt die Rechtsprechung, dass der Vorstand sich dann entweder die entsprechenden Kenntnisse aneignet oder aber sich kompetente Fachhilfe beizieht (BGH, Urt. v. 19.06.2012, Az. II ZR 243/11; BGH, Urt. v. 06.06.1994, Az. II ZR 292/91; Urt. v. 20.02.1995, Az. II ZR 9/94; Urt. v. 14.05.2007, Az. II ZR 48/06; Urt. v. 27.03.2012, Az. II ZR 171/10)

In diesem Zusammenhang ist auf einen wichtigen Punkt hinzuweisen, der in der Praxis immer wieder zu großen Differenzen zwischen Mitgliedern und Vorstand, teilweise auch innerhalb des Vorstands führt. Es handelt sich dabei um die Frage, wann ein Vereinsvorstand oder einzelne Mitglieder des Vorstandes alleine entscheiden dürfen, ob sie bestimmte Verträge schließen, Willenserklärungen abgeben dürfen etc. und wann sie dafür einen Vorstandsbeschluss brauchen.

Der Bundesgerichtshof (Urt. v. 12.10.1992, Az. II ZR 208/91) folgert aus § 26 Abs. 1 S. 3 BGB, wonach die Vertretungsmacht des vertretungsberechtigten Vorstands gegenüber Dritten (nur) in der Satzung beschränkt werden kann, dass die Entscheidungsbefugnis des Vorstands immer so weit geht, wie das Vertretungsrecht des Vorstands aus der Satzung reicht. Der BGH führt dazu aus:


„Räumt die Satzung einem Vorstandsmitglied eine bestimmte Vertretungsmacht ein, so spricht sie ihm damit regelmäßig zugleich diejenige Geschäftsbefugnis zu, die mit dieser Vertretung untrennbar verbunden ist. Dies gilt schon deshalb, weil jede Vertretungshandlung (Außenverhältnis) zugleich ohne Weiteres eine entsprechende Geschäftsführungsmaßnahme (Innenverhältnis) darstellt.“


Nach der Rechtsprechung des BGH bedarf eine Beschränkung der Vertretungsmacht des Vereinsvorstandes einer ausdrücklichen und eindeutig formulierten Regelung in der Satzung. Dabei muss auch insbesondere eindeutig zu erkennen sein, ob die Beschränkung lediglich eine vereinsinterne organisatorische Anweisung darstellen soll oder tatsächlich eine Vertretungsbeschränkung nach außen. Sofern also die Satzung leidglich eine Vertretungsregelung für den Vorstand enthält, aber sonst keinerlei eindeutigen Einschränkungen der Rechte des Vorstandes, kann der Vorstand in vertretungsberechtigter Zahl alleine Entscheidungen treffen und entsprechend handeln ohne dadurch eine Pflichtverletzung zu begehen.

Trotzdem hat der Vorstand bei seiner Vorstandsarbeit natürlich die Interessen des Vereins zu berücksichtigen. Dazu hat das Landgericht Kaiserslautern in einem Urteil (Urt. v. 11.05.2005, Az. 3 O 662/03) ausgeführt:


„Die dem Vorstand obliegenden Sorgfaltspflichten entsprechen denjenigen eines ordentlichen Beauftragten, … den Inhabern eines Vorstandsamts obliegt die Sorge für das rechtsmäßige Verhalten des Vereins nach außen hin; diese haben dafür einzustehen, dass die Rechtspflichten -privat-rechtlicher oder öffentlich-rechtlicher Natur- erfüllt werden, die den Verein als juristische Person treffen.“


Auch sollte die Pflicht des Vorstands zur Auskunft gegenüber der Mitgliederversammlung (§ 666 BGB) ernst genommen werden. Diese Auskunftspflicht reicht nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (Urt. v. 11.11.2002, Az. II ZR 125/02) sehr weit:

"Dieses Informationsrecht findet seine Grenze nur in einem (vorrangigen) berechtigten Geheimhaltungsinteresse des Dachverbandes zur Abwehr einer zu besorgenden Gefahr für ihn selbst ..."


Daraus folgt, dass der Vorstand grundsätzlich gegenüber den Mitgliedern in der Mitgliederversammlung -zumindest auf deren Nachfrage- so genau Auskunft geben muss, wie diese es wünschen. Sollte also ein Vorstand durch die Verweigerung der Auskunftserteilung oder die Erteilung einer falschen Auskunft dem Verein einen Schaden zufügen, wäre hier grundsätzlich Schadenersatzpflicht gegeben.


E. Haftet der Vorstand dem Verein auf Schadensersatz?

Seit der zum 01.01.2002 in Kraft getretenen Schuldrechtsreform findet sich eine früher ungeschrieben geltende rechtliche Regelung, wonach jemand schadenersatzpflichtig ist, der eine ihm gegenüber einem anderen obliegende Pflicht verletzt und diesem dadurch ein Schaden entsteht.


§ 280 Abs. 1 S. 1 BGB: Schadensersatz wegen Pflichtverletzung

Verletzt der Schuldner eine Pflicht aus dem Schuldverhältnis, so kann der Gläubiger Ersatz des hierdurch entstehenden Schadens verlangen.


„Schuldner“ im Sinne dieser Vorschrift ist der Vorstand und Gläubiger der Verein. Dieses Auftragsverhältnis ist ein Schuldverhältnis im Sinne des § 280 Abs. 1 BGB. Verletzt also ein Vorstandsmitglied eine Pflicht aus dem oben erläuterten Auftragsverhältnis und entsteht dem Verein dadurch ein Schaden, so ist er dem Verein grundsätzlich schadenersatzpflichtig. Dies gilt dann nicht, wenn der Vorstand weder fahrlässig noch vorsätzlich gehandelt hat.


§ 276 Verantwortlichkeit des Schuldners

(1) Der Schuldner hat Vorsatz und Fahrlässigkeit zu vertreten, wenn eine strengere oder mildere Haftung weder bestimmt noch aus dem sonstigen Inhalt des Schuldverhältnisses insbesondere aus der Übernahme einer Garantie oder eines Beschaffungsrisikos zu entnehmen ist. Die Vorschriften der §§ 827 und 828 finden entsprechende Anwendung.

(2) Fahrlässig handelt, wer die im Verkehr erforderliche Sorgfalt außer Acht lässt.

(3) Die Haftung wegen Vorsatzes kann dem Schuldner nicht im Voraus erlassen werden.


Dementsprechend hat in dem oben aufgeführten Praxisfall 1 das Landgericht Kaiserslautern den Vorstand des Vereins zum Schadenersatz gegenüber dem Verein verurteilt. Denn durch das vorsätzliche Verstoßen gegen den mit dem DFB geschlossenen Vertrag hat der Vorstand gegen die Pflicht verstoßen, für den Verein geschlossene Verträge ordnungsgemäß zu erfüllen.

Zum Zeitpunkt des Urteils des LG Kaiserslautern haftete der Vereinsvorstand in solchen Fällen sogar bei leichtester Fahrlässigkeit. Dies hat sich inzwischen teilweise geändert, da der Gesetzgeber zum 01.01.2010 einen neuen § 31a BGB in das Bürgerliche Gesetzbuch eingefügt hat:


§ 31a BGB: Haftung von Vorstandsmitgliedern

„Ein Vorstand, der unentgeltlich tätig ist oder für seine Tätigkeit Vergütung erhält, die 500,00 € jährlich nicht übersteigt, haftet dem Verein für einen in Wahrnehmung seiner Vorstandspflichten verursachten Schaden nur bei Vorliegen von Vorsatz oder grober Fahrlässigkeit. Satz 1 gilt auch für die Haftung gegenüber den Mitgliedern des Vereins.“


Nach herrschender Meinung gilt § 31a BGB auf Grund seines eindeutigen Wortlautes lediglich für den vertretungsberechtigten Vorstand im Sinne des § 26 Abs. 1 BGB. Demnach ist eine Haftungsbeschränkung zugunsten der anderen Vorstandsmitglieder, welche nicht vertretungsberechtigt sind, aus § 31a BGB nicht gegeben. Für diese Mitglieder des nicht vertretungsberechtigten Vorstands empfiehlt sich die Aufnahme einer entsprechenden ausdrücklichen und eindeutigen Satzungsregelung, wonach auch diese lediglich bei Vorsatz oder grober Fahrlässigkeit haften.

Unentgeltlich im Sinne des § 31a Abs. 1 BGB bedeutet, dass der Vorstand für seine Tätigkeit als Vereinsvorstand keinerlei Entschädigung für die von ihm aufgewandte Arbeitszeit und Arbeitskraft erhalten darf. Erhält er jedoch ein solches Entgelt, dann darf dieses Entgelt den Betrag von 500,00 € im Jahr nicht übersteigen, ohne dass der Vorstand die gesetzliche Haftungsprivilegierung verlieren würde.

Will man dem entgeltlich tätigen Vorstand, dessen Vergütung die 500,00 € jährlich übersteigt, in den Genuss einer Haftungsbeschränkung kommen lassen, dann müsste das ebenfalls ausdrücklich und eindeutig in der Satzung geregelt werden.

Die Haftungsbeschränkung in § 31a Abs. 1 S. 1 BGB darf auch nicht durch die Satzung abgeändert werden (§ 40 S. 1 BGB). Lediglich die Haftungsbeschränkung des Vereinsvorstands gegenüber den einzelnen Mitgliedern des Vereins kann durch die Satzung eingeschränkt werden (§ 40 BGB).

Nach § 665 BGB darf der Vorstand von Weisungen der Mitgliederversammlung nur abweichen, wenn er den Umständen nach annehmen darf, dass die Mitgliederversammlung bei Kenntnis der Sachlage die Abweichung billigen würde. Der Vorstand hat aber vor der Abweichung der Mitgliederversammlung Anzeige zu machen und deren Entschließung abzuwarten, wenn nicht mit dem Aufschub Gefahr verbunden ist. In der Praxis weichen Vorstände jedoch oft von den Weisungen der Mitgliederversammlung ab. Dies ergibt sich insbesondere bei von der Mitgliederversammlung aufgestellten Haushaltsplänen. Sofern also bestimmte Positionen in den Haushaltsplänen überschritten werden, kommt grundsätzlich § 665 BGB zur Anwendung. Wenn der Vorstand dann die Anzeige an die Mitgliederversammlung unterlässt und auch deren Entschließung nicht abwartet, kann er grundsätzlich dem Verein schadenersatzpflichtig sein, wenn nicht dringende Gründe ein sofortiges Handeln des Vorstandes erfordern.


F. Haftet der Vorstand für von ihm mit bestimmten Aufgaben beauftragte Personen?

Wie oben schon dargestellt, hat jedes Vorstandsmitglied das ihm jeweils übertragene Amt ordnungsgemäß und persönlich auszuüben (§§ 27 Abs. 3, 664 Abs. 1 S. 1 BGB).

Trotzdem lässt es das Gesetz zu, dass sich der Vorstand zur Ausübung seines Amtes anderer Personen bedient. Darunter fällt zum Beispiel, wenn der Vorstand jemanden damit beauftragt über die Einhaltung der Reinigungspflicht der Wege der Kleingartenanlage zu wachen oder aber jemanden beauftragt, die Geräte des Vereins zu verwalten. Dann gilt, dass der Vorstand für deren Fehler einzustehen hat:


§ 664 Abs. 1 S. 3 BGB: Unübertragbarkeit; Haftung für Gehilfen

Für das Verschulden eines Gehilfen ist er [der Beauftragte] nach § 278 verantwortlich.


§ 278 S. 1 BGB: Verantwortlichkeit des Schuldners für Dritte

Der Schuldner hat ein Verschulden ... der Personen, deren er sich zur Erfüllung seiner Verbindlichkeit bedient, in gleichem Umfang zu vertreten wie eigenes Verschulden.


Anders verhält es sich, wenn diese Personen nicht durch den Vorstand beauftragt werden, sondern deren Tätigkeit als Amt in der Satzung vorgesehen ist (z. B. Gerätewart), ohne dass diese Personen laut der jeweiligen Satzungsregelung Vorstandsmitglieder sind. Denn dann werden diese Personen nicht als Gehilfen des Vorstands tätig, sondern sind durch den Verein selbst beauftragt. Für diese Personen gelten dann die gleichen Haftungsgrundsätze wie für den Vorstand.


G. Die (oft falsch gemachte) Entlastung

Sofern dann tatsächlich Schadenersatzansprüche des Vereins gegenüber dem Vorstand gegeben sind, kann der Vereinsvorstand durch eine ordnungsgemäße Entlastung von diesen Schadenersatzpflichten befreit werden. Allerdings wird die Entlastung in der Praxis sehr oft falsch angewandt, so dass sie zu der entsprechenden Wirkung nicht führt. Der BGH (Urt. v. 14.12.1987, Az. II ZR 53/87) hat bezüglich der Entlastung ausgeführt:


„Die Verzichtswirkung der Entlastung beschränkt sich auf (Bereicherungs- und Schadenersatz-)Ansprüche, die dem entlastenden Organ bekannt sind oder bei sorgfältiger Prüfung bekannt sein konnten … Es liegt beim Vorstand -entsprechendes gilt für andere um Entlastung nachsuchende Vereinsorgane- durch hinreichende Offenheit gegenüber der Mitgliederversammlung die Tragweite der erbetenen Entlastung selbst zu bestimmen.“


Die Entlastung ist nach der Rechtsprechung also lediglich der Verzicht auf möglicherweise oder tatsächlich gegebene Schadenersatzansprüche des Vereins gegen den Vorstand. Das hat zwei Konsequenzen: Man kann nur auf etwas verzichten was man kennt und man kann nur auf etwas verzichten, was einem auch selbst zusteht.

Da man nur auf etwas verzichten kann, von dem man weiß, dass es existent ist, verlangt der BGH zu recht, dass die Mitgliederversammlung nur insoweit wirksam auf Schadenersatzansprüche verzichten kann, als ihr die entsprechenden Tatsachen dazu bekannt sind oder bei sorgfältiger Prüfung bekannt sein konnten. Demnach verlangt eine wirksame Entlastung, dass der Vorstand seinen Geschäftsbericht vollständig, wahrheitsgemäß und unmissverständlich der Mitgliederversammlung vorträgt. Dabei müssen insbesondere die Punkte in dem Geschäftsbericht enthalten sein, aus denen sich womöglich Ansprüche des Vereins gegen den Vorstand ergeben können.

Dabei muss der Vorstand nicht auf mögliche Schadenersatzansprüche des Vereins gegen den Vorstand hinweisen, sondern lediglich die zugrunde liegenden Tatsachen mitteilen. Es liegt dann an der Mitgliederversammlung selbst die Schlüsse zu ziehen, ob gegebenenfalls Schadenersatzansprüche gegeben sein könnten.

Wenn dann das nach der Satzung für die Entlastung zuständige Organ in einem ordnungsgemäßen Verfahren die Entlastung ordnungsgemäß beschließt, sind tatsächlich Schadenersatzansprüche gegen den Vorstand nicht mehr durchsetzbar.

Es liegt damit im ureigensten Interesse des Vereinsvorstandes kritische Punkte seiner Geschäftsführung gegenüber dem für die Entlastung zuständigen Organ in dem Geschäftsbericht ausführlich zu erläutern.

Aus der Tatsache, dass die Mitgliederversammlung nur auf etwas verzichten kann, was dem Verein auch zusteht, erstreckt sich die Entlastung demnach nicht auf Schadensersatzansprüche von Dritten gegen den Vorstand.


H. Haftet der Vorstand gegenüber Außenstehenden (ohne deliktische Haftung!)?

Wie oben bereits dargestellt, vertritt der Vorstand den Verein gerichtlich und außergerichtlich. Er hat die Stellung eines gesetzlichen Vertreters (§ 26 Abs. 1 S. 3 BGB). Dementsprechend wirken die von ihm in seiner Eigenschaft als Vorstand und namens des Vereins abgegebenen Willenserklärungen unmittelbar für und gegen den Verein (§ 164 Abs. 1 S. 1 BGB). Schließt also der vertretungsberechtigte Vorstand Verträge im Rahmen seiner Vertretungsmacht, so wird aus dem Vertrag grundsätzlich nur der Verein berechtigt und verpflichtet und nicht der Vorstand selbst.
Etwas anderes gilt jedoch für den Fall, dass der Verein nicht in das Vereinsregister eingetragen ist:


§ 54 S. 2 BGB: Nicht rechtsfähige Vereine

Aus einem Rechtsgeschäft, das im Namen eines solchen Vereins einem Dritten gegenüber vorgenommen wird, haftet der Handelnde persönlich; handeln mehrere, so haften sie als Gesamtschuldner.


Diese Regelung bedeutet, dass derjenige, der für den nicht eingetragenen Verein einen Vertrag schließt, automatisch mit seinem gesamten Privatvermögen neben dem Verein für die Erfüllung des Vertrages haftet. Die Regelung in § 54 S. 2 BGB ist auch nicht in der Satzung des Vereins ausschließbar. Hier käme allenfalls eine ausdrückliche individuelle Vereinbarung mit dem jeweiligen Vertragspartner in Betracht, dass aus dem Vertrag tatsächlich nur der Verein und nicht der für den Verein Handelnde haften soll.

Im Praxisfall 2 wurde der Vorsitzende deshalb zur Zahlung der noch offenen Kosten des Außenstehenden für die gerichtliche Verfahren verurteilt, da er für den nicht in das Vereinsregister eingetragene Verein die entsprechende Erklärung abgegeben hatte.

Sofern der Vorstand die ihm durch die Satzung bzw. das Gesetz eingeräumte Vertretungsbefugnis für den Verein überschreitet, haftet er als sog. vollmachtloser Vertreter:


§ 179 Abs.1 BGB: Haftung des Vertreters ohne Vertretungsmacht

Wer als Vertreter einen Vertrag geschlossen hat, ist, sofern er nicht seine Vertretungsmacht nachweist, dem anderen Teil nach dessen Wahl zur Erfüllung oder zum Schadensersatz verpflichtet, wenn der Vertretene die Genehmigung des Vertrags verweigert.


Demnach hat in einem solchen Fall der Vertragspartner die Wahl, ob er von dem ohne Vertretungsmacht handelnden Vorstand die Erfüllung des eigentlich für den Verein geschlossenen Vertrages wünscht oder aber die Zahlung eines entsprechenden Schadensersatzes.

Es ist also Aufgabe eines jeden Vereinsvorstandes genau zu prüfen, inwieweit seine Vertretungsmacht reicht. Dabei sollte er insbesondere darauf achten, ob in der Satzung Beschränkungen der Vertretungsmacht enthalten sind.


I. Fazit

Der Vorstand wird weder in einem rechtsfreien Raum bestellt, noch arbeitet er außerhalb rechtlicher Regelungen. Dies gilt auch bei einem gemeinnützigen Verein und auch bei Ehrenamtlichkeit der Vorstandstätigkeit. Es führt für den Verein und den Vorstand kein Weg daran vorbei, den Rechtsrahmen zu kennen und zu beachten.


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Scheiber Nachrichten, Heft 66, Mai 2013, S. 38 ff.
Nachrichtenblatt, Organ des Landesverbandes der Briefmarkensammler des Saarlandes, Ausgabe Nr. 93 für Dezember 2013, S. 20 ff. (Teil 1)


*) Rechtsanwalt Patrick R. Nessler ist Inhaber der RKPN.de-Rechtsanwaltskanzlei Patrick R. Nessler, St. Ingbert. Er ist tätig auf den Gebieten des Vereins-, Verbands- und Stiftungsrechts, des Gemeinnützigkeitsrechts sowie des Kleingartenrechts. Außerdem unterrichtet er als Rechtsdozent an verschiedenen Bildungseinrichtungen, insbesondere der Deutschen Hochschule für Prävention und Gesundheitsmanagement, und für eine ganze Reihe von Organisationen.

Rechtsanwalt Nessler ist Justiziar des Landessportverbandes für das Saarland und ehrenamtlich tätig in verschiedenen Gremien des Deutschen Betriebssportverbandes. Seit 2004 ist er bereits dessen Generalsekretär. Darüber hinaus ist er der Fach-Experte für Rechtsfragen bei der Landesarbeitsgemeinschaft Pro Ehrenamt, Mitglied der Arbeitsgruppe Recht des Bundesverbandes Deutscher Gartenfreunde und Verbandsanwalt des Landesverbandes Saarland der Kleingärtner, Mitglied der Kommission „Finanzen“ des Bundesverbandes Deutsche Tafel e.V., Mitglied des Ausschusses „Recht und Satzung“ des Landessportverbandes Berlin e.V. u.a.

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