Neues Gesetz schützt vorübergehend vor Kündigung

Oder: Wenn die Covid-19-Pandemie sich auswirkt!

Patrick R. Nessler - Rechtsanwalt


Nach dem am 28.03.2020 in Kraft getretenen neuen Art. 240 § 2 Abs. 1 Satz 1, Abs. 3 EGBGB kann der Verpächter ein Pachtverhältnis über Grundstücke nicht allein aus dem Grund kündigen, dass der Pächter die im Zeitraum vom 01.04.2020 bis 30.06.2020 fällig werdende Pacht nicht leistet, sofern die Nichtleistung auf den Auswirkungen der COVID-19-Pandemie beruht.

Normalerweise kann ein Kleingartenpachtvertrag gemäß § 8 Nr. 1 BKleingG ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist gekündigt werden, wenn der Pächter mit der Entrichtung der für einen Zeitraum von mindestens einem Vierteljahr geschuldeten Pacht (Mainczyk/Nessler, Bundeskleingartengesetz, 12. Aufl. 2019, § 8 Rn. 1; AG Dresden, Urt. v. 9.2.2015 – 141 C 5140/14 – n. v.) in Verzug ist und nicht innerhalb von zwei Monaten nach Mahnung in Textform die fällige Pachtforderung erfüllt.

Ist der Pächter die Pacht für den Zeitraum vom 01.04.2020 bis 30.06.2020 schuldig, so wäre dies zwar die Pacht für ein Vierteljahr und würde die Kündigungsvoraussetzung des § 8 Nr. 1 BKleingG im Falle der Nichtzahlung grundsätzlich erfüllen. Aufgrund des neuen Art. 240 § 2 Abs. 1 Satz 1, Abs. 3 EGBGB kann aber der Rückstand der Pacht für diesen Zeitraum nicht Grundlage einer Kündigung des Pachtvertrages sein.

Die in den mit den einzelnen Kleingärtnern geschlossenen Unterpachtverträgen vereinbarte Pacht ist in der Regel eine Jahrespacht. Wenn also die Pacht für den Zeitraum 01.04.2020 bis 30.06.2020 offen ist, dürfte zugleich die Pacht für den Zeitraum 01.01.2020 bis 31.03.2020 offen sein, was ebenfalls ein Vierteljahr ist. Außerdem ist aufgrund der gesetzlichen Pachtpreisbindung in § 5 Abs. 1 BKleingG die Pacht bei einem Unterpachtvertrag sehr niedrig. Deshalb ist es fraglich, ob bei Unterpachtverträgen die Nichtleistung der (anteiligen) Pacht für den Zeitraum vom 01.04.2020 bis 30.06.2020 tatsächlich auf die Auswirkungen der COVID-19-Pandemie zurückgeführt werden kann.

Allerdings ist die gesetzliche Neuregelung auch auf die Zwischenpachtverträge anwendbar. Hier dürfte die größere Praxisrelevanz der Neuregelung gegeben sein. Kann der Kleingärtnerverein oder –verband die von ihm für den Zeitraum 01.04.2020 bis 30.06.2020 geschuldete Zwischenpacht aufgrund wirtschaftlicher Schwierigkeiten als Folge der COVID-19-Pandemie (z. B. wegen Ausfalls von Festen und der damit verbundenen Einnahmen) nicht an den Verpächter zahlen, kann der Verpächter darauf keine Kündigung stützen.

Der Pächter muss aber den Zusammenhang zwischen COVID-19-Pandemie und Nichtleistung glaubhaft machen (§ 2 Abs. 1 Satz 2, Abs. 3 des Gesetzes zur Abmilderung der Folgen der COVID-19-Pandemie im Zivil-, Insolvenz- und Strafverfahrensrecht). Die reine Behauptung des Pächters genügt nicht. Er muss Tatsachen darlegen, aus denen sich eine überwiegende Wahrscheinlichkeit dafür ergibt, dass seine Nichtleistung auf der COVID-19-Pandemie beruht. Zur Glaubhaftmachung kann sich der Pächter entsprechender Nachweise, einer Versicherung an Eides Statt oder sonst geeigneter Mittel bedienen.

Ist der Pächter jedoch bereits den für ein Vierteljahr geschuldeten Betrag der Pacht für die Zeit vor dem 01.04.2020 schuldig, dann kann weiterhin die fristlose Kündigung nach § 8 Nr. 1 BKleingG erfolgen, wenn die weiteren Voraussetzungen des § 8 Nr. 1 BKleingG erfüllt sind.

Sonstige Kündigungsrechte bleiben nach dem ausdrücklichen Willen des Gesetzgebers unberührt (Art. 240 § 2 Abs. 1 Satz 3, Abs. 3 EGBGB).

Demnach kann zum Beispiel der Pachtvertrag durch den Verpächter weiterhin gekündigt werden, wenn der Pächter oder von ihm auf dem Kleingartengrundstück geduldete Personen so schwerwiegende Pflichtverletzungen begehen, insbesondere den Frieden in der Kleingärtnergemeinschaft so nachhaltig stören, dass dem Verpächter die Fortsetzung des Vertragsverhältnisses nicht zugemutet werden kann (§ 8 Nr. 2 BKleingG).

Auch eine Kündigung durch den Verpächter nach § 9 Abs. 1 Nr. 1 BKleingG ist weiterhin möglich, wenn der Pächter ungeachtet einer in Textform abgegebenen Abmahnung des Verpächters eine nicht kleingärtnerische Nutzung fortsetzt oder andere Verpflichtungen, die die Nutzung des Kleingartens betreffen, nicht unerheblich verletzt, insbesondere die Laube zum dauernden Wohnen benutzt, das Grundstück unbefugt einem Dritten überlässt, erhebliche Bewirtschaftungsmängel nicht innerhalb einer angemessenen Frist abstellt oder geldliche oder sonstige Gemeinschaftsleistungen für die Kleingartenanlage verweigert.


Stand: 29.03.2020

*) Rechtsanwalt Patrick R. Nessler ist Inhaber der RKPN.de-Rechtsanwaltskanzlei Patrick R. Nessler, St. Ingbert. Er ist tätig auf den Gebieten des Vereins-, Verbands- und Gemeinnützigkeitsrechts, des Datenschutzrechts für Vereine und Verbände, sowie des Kleingartenrechts. Außerdem unterrichtet er als Rechtsdozent an verschiedenen Bildungseinrichtungen, u.a. an der Deutschen Hochschule für Prävention und Gesundheitsmanagement sowie der Führungsakademie des Deutschen Olympischen Sportbundes e.V. und für eine ganze Reihe von Organisationen.

Rechtsanwalt Nessler ist Justiziar des Landessportverbandes für das Saarland und ehrenamtlich tätig in verschiedenen Gremien des Deutschen Betriebssportverbandes. Seit 2004 ist er bereits dessen Generalsekretär. Darüber hinaus ist er der Fach-Experte für Rechtsfragen bei der Landesarbeitsgemeinschaft Pro Ehrenamt, Mitglied der Arbeitsgruppe Recht sowie des wissenschaftlichen Beirates des Bundesverbandes Deutscher Gartenfreunde und Verbandsanwalt des Landesverbandes Saarland der Kleingärtner, Mitglied des Ausschusses „Recht und Satzung“ des Landessportbundes Berlin e.V. u.a.

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