Leerstand und die Kleingartenpacht

Wer trägt das Leerstandsrisiko?

Patrick R. Nessler - Rechtsanwalt


Leider kommt es in den letzten Jahren immer häufiger vor, dass sich für Kleingartenparzellen keine neuen Kleingärtner mehr als Pächter finden. Sie stehen leer und bringen dem Kleingärtnerverein (Zwischenpächter) auch keine Pachteinnahmen mehr. Bei einem Zwischenpächter kann das dazu führen, dass er nicht mehr genügend Pachteinnahmen hat, um selbst die Pacht an seinen Verpächter (meist der Generalverpächter) zu bezahlen.

Das Oberlandesgericht (OLG) Braunschweig hatte einen solchen Fall zu entscheiden (Urt. v. 26.03.2014, Az. 9 U 57/14). Der Generalverpächter verlangte vom Zwischenpächter die Pacht für die ganze Kleingartenanlage. Der Zwischenpächter verwies darauf, dass viele Kleingärten nicht verpachtet seien und er deshalb die Pacht nicht bezahlen könne. Er war sogar der Auffassung, dass er wegen des Leerstands rechtlich nicht verpflichtet sei, die vollständige Pacht zu entrichten. Außerdem sei die vereinbarte Pacht zu hoch. Zwar übersteige sie das Vierfache der üblichen Pacht im erwerbsmäßigen Obst- und Gemüsenbau nicht. Doch wäre die Kleingartenanlage auf Ackerland gelegen und die übliche Pacht dafür läge deutlich unter der vereinbarten Pacht.

Beiden Argumenten des Kleingärtnervereins erteilte das OLG eine klare Absage und verurteilte ihn zur Zahlung der vollständigen Pacht.

Richtig führt das OLG aus, dass das Bundeskleingartengesetz (BKleingG) an keiner Stelle eine von der allgemeinen Verteilung des wirtschaftlichen Risikos bei Zwischenpachtverträgen abweichende Regelung trifft. Deshalb trage ein Zwischenpächter einer gesamten Kleingartenanlage entsprechend der allgemeinen wirtschaftlichen Risikoverteilung als Unterverpächter das Risiko des Leerstandes einzelner Kleingärten. Dass der Eigentümer nur soviel Pacht vom Zwischenpächter beanspruchen könne, wie der Zwischenpächter selbst von den einzelnen Kleingärtnern im Unterpachtverhältnis tatsächlich einnehme, sei dem BKleingG an keiner Stelle zu entnehmen.

In die gleiche Richtung geht auch eine aktuelle Entscheidung des Bundesgerichtshofs (BGH, Urt. v. 04.02.2015, Az. VIII ZR 175/14). Er hat ausgeführt, dass bei Geldschulden wirtschaftliche Schwierigkeiten den Schuldner auch dann nicht von den Folgen verspäteter Zahlung befreiten, wenn sie auf unverschuldeter Ursache beruhten. Vielmehr habe jedermann nach dem Prinzip der einer Geldschuld zugrunde liegenden unbeschränkten Vermögenshaftung ("Geld hat man zu haben") ohne Rücksicht auf ein Verschulden für seine finanzielle Leistungsfähigkeit einzustehen.

Auch eine Reduzierung des Pachtzinses gemäß § 138 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) auf den angeblich ortsüblichen Pachtzins kam nach Auffassung des OLG nicht in Betracht, auch wenn die ortsübliche Pacht tatsächlich unter dem Vierfachen der üblichen Pacht im erwerbsmäßigen Obst- und Gemüseanbau läge. Denn § 5 Abs. 1 BKleingG lege den ausdrücklichen Willen des Gesetzgebers fest, dass ein Verpächter von Kleingärten Pacht bis zum Vierfachen der üblichen Pacht im erwerbsmäßigen Obst- und Gemüseanbaus verlangen könne. Dementsprechend könne es nicht rechtswidrig sein, wenn der Verpächter seine Pachtforderung bis zu der in § 5 Abs. 1 BKleingG festgelegten Grenze anhebt.

Zu einer anteiligen Tragung dieser Einnahmeausfälle in Folge des Leerstands von Parzellen sind nach den Ausführungen des OLG auch die verbliebenen Kleingärtner ohne eine ausdrückliche vertragliche Regelung nicht verpflichtet.


*) Rechtsanwalt Patrick R. Nessler ist Inhaber der RKPN.de-Rechtsanwaltskanzlei Patrick R. Nessler, St. Ingbert. Er ist tätig auf den Gebieten des Vereins-, Verbands- und Stiftungsrechts, des Gemeinnützigkeitsrechts sowie des Kleingartenrechts. Außerdem unterrichtet er als Rechtsdozent an verschiedenen Bildungseinrichtungen, insbesondere der Deutschen Hochschule für Prävention und Gesundheitsmanagement, und für eine ganze Reihe von Organisationen.

Rechtsanwalt Nessler ist Justiziar des Landessportverbandes für das Saarland und ehrenamtlich tätig in verschiedenen Gremien des Deutschen Betriebssportverbandes. Seit 2004 ist er bereits dessen Generalsekretär. Darüber hinaus ist er der Fach-Experte für Rechtsfragen bei der Landesarbeitsgemeinschaft Pro Ehrenamt, Mitglied der Arbeitsgruppe Recht des Bundesverbandes Deutscher Gartenfreunde und Verbandsanwalt des Landesverbandes Saarland der Kleingärtner, Mitglied der Kommission „Finanzen“ des Bundesverbandes Deutsche Tafel e.V., Mitglied des Ausschusses „Recht und Satzung“ des Landessportverbandes Berlin e.V. u.a.

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