Die richtige Rücklagenbildung

Es geht! Man muss es nur richtig machen.

Patrick R. Nessler - Rechtsanwalt


Veröffentlicht in:

Ehrenamt-News der Landesarbeitsgemeinschaft Pro Ehrenamt, Ausgabe 2.2012
BZVS News, Verbandszeitschrift des Bundes für Zupf- und Volksmusik Saar e. V., Ausgabe 31 - Mai 2012, S. 20


Alle wegen der Förderung gemeinnütziger, mildtätiger oder kirchlicher Zwecke als steuerbegünstigt anerkannte Vereine und Verbände sind wegen des nach dem Gesetz geltenden Grundsatzes der Selbstlosigkeit verpflichtet, ihr Vermögen zeitnah zu verwenden (§ 55 Abs. 1 Nr. 5 Abgabenordnung – AO). Eine zeitnahe Mittelverwendung ist gegeben, wenn die Mittel spätestens in dem auf den Zufluss folgenden Kalender- oder Wirtschaftsjahr für die steuerbegünstigten satzungsmäßigen Zwecke verwendet werden. Macht die Organisation das nicht, dann kann die Steuerbegünstigung gefährdet sein.

Natürlich weiß der Gesetzgeber, dass auch solche Vereine und Verbände für bestimmte Zwecke oder „für schlechte Zeiten“ etwas zurücklegen müssen. Deshalb hat er in § 58 AO einige Regelungen getroffen, bei deren Vorliegen der Verein oder Verband die entsprechenden finanziellen Mittel nicht spätestens im Folgejahr verwandt haben muss. Dabei ist zwischen freien und zweckgebundenen Rücklagen zu unterscheiden. Die drei wichtigsten Regelungen stelle ich Ihnen nachfolgend vor.

Die sogenannte freie Rücklage darf ohne einen besonderen Grund und auch auf unbefristete Zeit gebildet werden. Es genügt, dass am Ende des Geschäftsjahres ein ausreichender finanzieller Überschuss (Gewinn) gegeben ist. Bei dieser freien Rücklage darf der Verein oder Verband höchstens 10 Prozent seiner Gewinne aus den steuerpflichtigen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieben (z. B. Verkauf von Speisen und Getränken, Verkauf von Werbeanzeigen etc.) und Zweckbetrieben (z. B. Eintrittsgelder bei Sportveranstaltungen eines Sportvereins etc.) sowie der (Brutto-)Einnahmen aus dem ideellen Bereich (z. B. Mitgliedsbeiträge, Spenden etc.) der Rücklage zuführen (§ 58 Nr. 7a 2 Alternative 2 AO; AEAO zu § 58 Nr. 7 Tz. 14).

Zusätzlich darf der Verein oder Verband in die freie Rücklage höchstens ein Drittel des Überschusses der Einnahmen über die Kosten aus der Vermögensverwaltung (z. B. Zinserträge aus Sparguthaben, Einnahmen aus langfristiger Vermietung oder Verpachtung etc.) einstellen.

Außerdem darf der Verein oder Verband seine Mittel ganz oder teilweise einer Rücklage zuführen, soweit dies erforderlich ist, um ihre steuerbegünstigten satzungsmäßigen Zwecke nachhaltig erfüllen zu können (§ 58 Nr. 6 AO). Bei diesen zweckgebundenen Rücklagen genügt es nicht, dass man ganz allgemein die Leistungsfähigkeit des Vereins aufrechterhalten möchte. Dafür ist die freie Rücklage gedacht. Voraussetzung für die Bildung der zweckgebundenen Rücklage ist, dass für ein bestimmtes, die steuerbegünstigten Satzungszwecke verwirklichendes Vorhaben bereits konkrete Vorstellungen bestehen. Diese sind bei der Rücklagenbildung genau zu dokumentieren (gegebenenfalls sind Angebote einzuholen, die die zu erwartenden Kosten belegen, Kalkulationen für den Investitionsbedarf zu erstellen etc.).

Weiter lässt die Finanzverwaltung neben den oben dargestellten Möglichkeiten die sogenannte Betriebsmittelrücklage, also die Bildung von Rücklagen für periodisch wiederkehrende Ausgaben (z. B. Löhne, Gehälter, Mieten etc.) in Höhe des Mittelbedarfs für einen angemessenen Zeitraum, zu (AEAO zu § 58 Nr. 6 Tz. 10 S. 5). Die Berechnung der Höhe dieser Rücklage ist davon abhängig, in welchem Umfang der Verein regelmäßige Einnahmen erzielt. Insoweit bestimmt sich die Zeitspanne (höchstens bis zu einem Geschäftsjahr) nach den Verhältnissen des jeweiligen Einzelfalls.

Für die Bildung dieser zweckgebundenen Rücklagen stehen sämtliche Mittel des Vereins zur Verfügung, wenn die oben dargestellten Voraussetzungen des § 58 Nr. 6 AO erfüllt sind. Es kommt dann nicht darauf an, ob die finanziellen Mittel aus dem ideellen Bereich des Vereins stammen, aus der Vermögensverwaltung, einem Zweckbetrieb oder einem wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb.

Wichtig ist, dass die Rücklagenbildung jeweils detailliert dokumentiert und im jeweiligen Jahresabschlussbericht des Vorstands erwähnt sein muss. Außerdem dürfen für den wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb nur Rücklagen aus Gewinnen des wirtschaftlichen Geschäftsbetriebes verwandt werden. Nur dann werden die Rücklagenbildungen von den Finanzämtern akzeptiert.


Rechtsanwalt Patrick R. Nessler ist Inhaber der RKPN.de-Rechtsanwaltskanzlei Patrick R. Nessler in St. Ingbert. Er ist tätig auf den Gebieten des Vereins-, Verbands- und Stiftungsrechts, des Gemeinnützigkeitsrechts, des Vertragsrechts inklusive des Kleingartenrechts, sowie des Verkehrsrechts und des Forderungseinzugs (Inkasso). Außerdem unterrichtet er als Rechtsdozent an verschiedenen Akademien.

Er ist tätig in verschiedenen Gremien des Deutschen Betriebssportverbandes e. V.. Seit 2004 ist er bereits dessen Generalsekretär. Darüber hinaus ist Rechtsanwalt Nessler Fach-Experte für Rechtsfragen bei der Landesarbeitsgemeinschaft Pro Ehrenamt e. V., Mitglied der Arbeitsgruppe Recht des Bundesverbandes Deutscher Gartenfreunde und Verbandsanwalt der Landesverbände Rheinland-Pfalz und Saarland der Kleingärtner u.a.

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